Germanist Klaus Zeyringer gleitet in „Die Würze der Kürze“ mit lakonischer Präzision durch die Jahrhunderte. „Die Kleine Geschichte“, so der Untertitel, ist Kokettieren, denn das 370-Seiten-Buch handelt zwar oberflächlich von Kleinigkeiten, hält sich damit aber nicht auf. In „Vermischtes“ findet sich seit Jahrhunderten Banales wie Weltbewegendes.

Zeyringer grub tief und schuf eine Fundgrube, in der sich das Leben seit dem 17. Jahrhundert durch die Projektionsfläche kleiner Meldungen spiegelt. In einer Mischung aus Pressegeschichte, Weltgeschichte und Literaturgeschichte – von James Joyce, Heinrich von Kleist und Karl Kraus – sind es launige Einzelmeldungen, die in den größeren Kontext gestellt werden: Von Unmissverständlichem als Reaktion auf Missverständliches berichtete etwa der Hamburgische Correspondent 1724: „In Kujavien ist ein Bauer, welcher auf Storch- und Gänseeiern gesessen, verbrannt worden.“ Von Papst Benedikt XIII., der an „geweihten Windeln“ arbeitet, wusste wiederum 1730 die „Berlinische privilegirte Zeitung“ zu berichten. Und weil sich mit „Petites correspondances“ gutes Geld verdienen lässt, boten Zeitungen wie „Le Figaro“ auch privaten Fehden Platz: „An den hübschen Edmond. Sie haben mich bestohlen, das weiß ich.“

Zuweilen richtete sich der Gram auch nach innen: Das „Prager Tagblatt“ putzte sich 1894 in einem Erratum am armen Schriftsetzer ab: „Ein geistig und körperlich etwas schwacher taubstummer Setzer in unserer Druckerei“ habe „in einem Irrsprung seines armen Kopfes“ einen Fehler begangen. Nur weil am Tag davor zu lesen gewesen war, der Prinzregent hätte 1000 Mark gestohlen (richtig: „gestiftet“).

Das Zeitungsmedium aus anderer Perspektive beschreibt die Neuerscheinung „Ein bisserl schimpfen, ein bisserl räsonieren“. Stefan Franke zitiert Leserbriefe aus der Beschwerderubrik „Der Klaghansl“ aus der Wochenzeitung „Wiener Hausfrau“ von 1909 bis 1915.

Gesudert wurde heiter oder jedenfalls erheiternd: Über Eisenbahnwagen als bösartige Bazillenträger, über leichtsinnige Kinder im Straßenverkehr („die besser eine gute Tracht Prügel zu ihren leichten Verletzungen dazu verdienten“), über ausspuckende Frauen oder lärmenden Klavierunterricht. Bereichernd erweisen sich dialektale Fundstücke, wenn von „alten Schapern“ die Rede ist oder jemandem ein „Klampfel“ angehängt wird.

Gefördert wurde das Buch von der Stadt Wien: Der Grant, er ist in der Bundeshauptstadt Kulturgut.