Die Redakteure der ORF 1-Inforedaktion haben sich in der Redakteursversammlung mit einer Resolution an die ORF-Führung gewandt. Die ORF-Journalisten sehen "die journalistische Freiheit und Qualität der Infosendungen in Gefahr" und fordern "die Rückkehr zu einer gelebten und offenen Diskussions- und Debattenkultur". Anlass sei, dass dem stellvertretenden Chefredakteur Thomas Faustmann, dem sie ausdrücklich ihr Vertrauen aussprechen, eine "Job Rotation" nahegelegt worden sei. Dies würde von vielen Redakteuren "in Anbetracht der aktuellen Situation als Versetzung wahrgenommen", heißt es in dem Schreiben.

Adressiert ist das Schreiben an Generaldirektor Alexander Wrabetz, ORF 1- Channelmanagerin LisaTotzauer und ORF 1-Chefredakteur Wolfgang Geier, die dazu aufgefordert werden, "rasch zu handeln und die angeführten Missstände zu beseitigen."

Der Hintergrund

Kritisiert wird unter anderem, die Kürzung der quotenschwachen Vorabendsendung "Magazin 1" "um zwei Drittel (!)" und die teilweise Ersetzung durch ein Unterhaltungsformat - das neue Quiz "Q1!" mit Oliver Polzer als Moderator. Auf wenig Gegenliebe stößt auch die Neuausrichtung von "Magazin 1": "Laut ersten Planungsvorgaben soll es in dieser Sendung keine Nachrichten-Themen mehr geben, Expertinnen und Experten sollen nicht mehr live im Studio zu Wort kommen, und als wichtige Kriterien gelten stattdessen der Prominenz-Faktor und der Unterhaltungswert der Sendungsinhalte."

Ein anderer Ausgangspunkt ist eine Causa, die den stellvertretende Chefredakteur ThomasFaustmann betrifft. "Job Rotation" nennt es der ORF, eine "Versetzung" die ORF 1-Information. Jedenfalls soll Faustmann eine, wie es in der Petition heißt, "Job Rotation" nahegelegt worden sein. Die Redakteure sind empört: "Faustmann hat in einem Hearing um den Chefredakteursposten von den Redakteurinnen und Redakteuren die mit Abstand meisten Stimmen erhalten, bis heute ist das Vertrauen innerhalb der Redaktion in ihn ungebrochen."

Klima in dem "Kritik als Illoyalität ausgelegt wird" 

Die Redakteure verweisen auf ein verändertes Arbeitsklima im ORF, in dem "Kritik als Illoyalität ausgelegt wird" und wo kritische Journalisten zu persönlichen Gesprächen geladen werden. Damit würde dem Redakteursstatut und den gesetzlich vorgegebenen Verpflichtungen des ORF gegenüber dem Publikum widersprochen: "Redakteurinnen und Redakteure fühlen sich von journalistischen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen und haben den Eindruck, dass einige wenige Führungskräfte darüber entscheiden, was und wie berichtet wird."

Die Petition schließt mit der Forderung nach einer "gelebten und offenen Diskussions- und Debattenkultur", neue Sendungskonzepte sollten "in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit der Redaktion" entstehen. Während die Redakteure Thomas Faustmann ausdrücklich das Vertrauen aussprechen, gilt das nicht für die Managementebene des ORF: "Die Redakteurinnen und Redakteure erwarten, dass das Management Maßnahmen ergreift, um das bei vielen Kolleginnen und Kollegen in den letzten Monaten zerstörte Vertrauen zurück zu gewinnen."

"Alle Regulative streng eingehalten"

Im ORF hielt man fest: "Selbstverständlich werden im beschlossenen Änderungsprozess alle Regulative streng eingehalten." Darüber hinaus gab es zu den Kritikpunkten der Redakteure keinen Kommentar. Am Küniglberg verweist man aber "auf die vertrauensbildende Reaktion des zuständigen Chefredakteurs im Gespräch mit den Redakteurinnen und Redakteuren". Diese hatten in ihrem Schreiben erwähnt, dass Geier bei der Redakteursversammlung "zugesagt" habe, "Missstände zu beseitigen".