Was haben Denver, Helsinki, Tokio und Rio gemeinsam? Wer die Antwort kennt, darf sich freuen. Die Städtenamen stehen für Figuren der Serie „Haus des Geldes“, die ab heute mit neuen Folgen fortgesetzt wird. Die spanische Produktion rund um einen spektakulären Raub in der Banknotendruckerei wurde vor zwei Jahren zum Netflix-Überraschungscoup, der trotz langsamen Erzähltempos einen enormen Sog entwickelte: Keine andere nichtenglischsprachige Serie des Streamingdienstes war erfolgreicher.

Inhaltlich hätte es die Fortsetzung nicht gebraucht: Die spektakuläre und zweifellos klug gebaute Geschichte ist auserzählt. Die Milliarden-Beute ist verteilt, die Verfolger offenbar abgeschüttelt und der Partisanen-Disco-Hit „Bella Ciao“ verklungen. Warum sich die vertrauten Protagonisten erneut geschlossen in ein gefährliches Abenteuer stürzen, wird den Sehern der dritten Staffel wenig überzeugend erklärt: die klassische Krux mit der fehlenden Fortsetzungsmotivation. So ist es die Gefangennahme von Jungspund Rio durch die Polizei, die als Vorwand dient, um die Handlung wieder in die Gänge zu bringen. Die heterogene Truppe tritt an, um dem Kumpel aus dem Schlamassel zu helfen, und plant einen Raub mit Geiselnahme in der spanischen Zentralbank. Kurzum: Wem der erste, 22 Folgen-Raub-Marathon gefallen hat, wird auch die neue Staffel gefallen.

Die „Helden“ aus „Haus des Geldes“ mit ihren roten Ganzkörperanzüge kombiniert mit Dalí-Masken sind Bankräuber, die sich in ihrer Aura der Pop-Revolutionäre gefallen und im Aufbegehren gegen die plump agierende Obrigkeit um die Gunst der Bevölkerung buhlen: Sie wollen nicht nur diebisch reich werden, sie wollen auch in die Herzen der Menschen. Im neuen Abenteuer ist die Sympathie der fiktionalen Allgemeinheit erstaunlich schnell gesichert: Es braucht bloß 140 Millionen Euro in Geldscheinen, die mit Luftschiffen über Madrid ausgestreut werden. Dazu ein paar selbstgefällige Worte des „Professors“ (Álvaro Morte) und die Show kann beginnen. Die Gewaltfreiheit ist hehres Ideal der modernen Panzerknacker, das sich schon in den ersten Staffeln der Realität des Diebstahls beugen muss. Hobeln und Späne und so. Dazu passt, sich von Charakteren zu trennen und Neue zu integrieren: Dem argentinischen Schauspieler Rodrigo de la Serna kommt in der dritten Staffel als „Palermo“ eine zentrale Rolle zu.

Auch an der dritten Staffel soll schon gedreht werden.
Auch an der dritten Staffel soll schon gedreht werden. © (c) Netflix/Tamara Arranz Ramos

Netflix könnte Erfolg brauchen

Netflix ist süchtig nach Erfolgen und investiert deswegen Milliarden Euro in neue Produktionen, um Kunden zu halten und neue zu binden. Das gelingt derzeit offenbar nicht gut genug: Die jüngsten Zahlen des weltweit führenden Streamingdienstes blieben deutlich unter den eigenen Erwartungen, der Aktienkurs gab nach. Im wichtigen Heimatmarkt USA büßte Netflix in drei Monaten 130.000 Abonnenten ein. Weltweit stieg die Zahl der Bezahlabos zwar um 2,7 Millionen auf 152 Millionen Abos. Das Wachstumsziel von fünf Millionen neuen Nutzern wurde aber deutlich verfehlt. Die Aussichten sind eingetrübt: Der zeitnahe Einstieg von Apple, Disney und AT&T ins Streaminggeschäft könnte den Druck auf Netflix erhöhen, der durch Sky und Prime ohnehin schon immens ist.

Für die Diebesbande rund um den gleichermaßen eigenbrötlerischen, verschlafen wirkenden und ausgefuchsten „Professor“ aus „Haus des Geldes“ dürfte es indes auch nach der heute anlaufenden Staffel weiter gehen. Regisseur Alex Pina verriet, dass die Dreharbeiten zu Staffel 4 bereits begonnen haben. Eine offizielle Bestätigung steht aber noch aus.