Eine Schlange mit einigen Dutzend Wartenden hat sich im Wiener Globe gebildet. Man kennt sich, tauscht Nicken aus, die Stimmung ist entspannt. Um 18.37 Uhr taucht ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz auf, schüttelt einige Hände, dann ist er auch wieder in der beachtlich großen Menge verschwunden. Wenig später bekommt jeder der geladenen Gäste sein ORF III-Bändchen um das Armgelenk und der Abend kann beginnen.

Donnerstagabend ging im Wiener Globe die jährliche Programmvorstellung des Spartensenders ORF III (vollständiger Name "ORF III Kultur und Information") über die Bühne. Wenn der seit 2011  sendende Kulturlieferant ruft, kommen sie: die Produzenten, die Moderatoren, die Schauspieler, die Werbetreibenden, Medienleute und die ORF-Führung sowieso. Und so kann ORF III-Geschäftsführer Peter Schöber stolz verkünden, dass die Zahl der täglichen Zuschauer weiter gesteigert werden konnte unt mittlerweile bei knapp 800.000 liegt. Die Kultur-Blüte ORF III floriert.

Und weil sie floriert und bei vergleichsweise geringem Budget ein sehr hohes Maß an Qualität erreicht, eignet sie sich auch als wunderbares Argument gegen politische Bestrebungen, den ORF zu dezimieren. Dachte sich Alexander Wrabetz; vielleicht. Jedenfalls führte der seit 2007 im Amt befindliche ORF-Generaldirektor an, dass ORF III seit seiner Gründung alle Erwartungen übertroffen habe. In Richtung jener, die mit einem einem geringeren Budget oder eine Budgetfinanzierung für den ORF kokettieren, warnte Wrabetz: "Ich bin ganz sicher, wenn ein Finanzminister über das Budget des ORF entschieden hätte, würde es ORF III nicht geben."

Sein 80er ist am 18. März und er wird auf ORF gewürdigt: Peter Kraus.
Sein 80er ist am 18. März und er wird auf ORF gewürdigt: Peter Kraus. © ORF

Die Pläne für 2019

Für das die nahe Zukunft hat sich ORF III viel vorgenommen: Jeder der vier Sparten - Kultur & Religion, Information, Zeitgeschichte, Bühne - erhält frischen Stoff für das anstehende Jahr. Ein Projekt mit gleichermaßen Unterhaltungs- und Risikopotenzial startet schon in wenigen Tagen: "Stammtisch" nennt sich das neue Format, das nach einjährige Nachdenkzeit am 14. März erstmals in die Realität umgesetzt wird. "Weg aus den intellektuellen Wolkentürmen, hin zu den Leuten", lautet das Spielprinzip, das ohne Moderator auskommen wird. Man erinnere sich an die unmoderierte Diskussion zwischen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer vor den Bundespräsidentschaftswahlen.

Ansonsten gibt man sich bei ORF III auch 2019 gediegen, allerdings mit Lust auf unbekanntes Terrain. Man wolle die "treuen und die neuen" Seher begeistern, gibt Kultur-Anchorwoman Barbara Rett als Devise vor. Sie holte bei der aufwendig inszenierten Programmpräsentation zwei Weltstars der Klassikszene auf die Bühne: Mezzosopranistin Elīna Garanča und Bassbariton Adam Plachetka. Der Applaus groß und laut, übertroffen bloß von der Begeisterung des Publikums für das Hüftkreisen von Peter Kraus wenig später. "Marina, Marina, Marina", sang das Schlagerurgestein, der zu seinem 80. Geburtstag (18.3.) mit einer Doku bedacht wird.

Kulturelle Höhepunkte des ORFIII-Jahres sind freilich das 150. Jahr-Jubiläum der Wiener Staatsoper, aus der zudem vier Produktionen ("Fallstaff", "Idomeneo", "Peer Gynt" und "Tosca") gezeigt werden. Erstmals Schauplatz einer ORF III-Klassikübertragung wird die Oper Graz: Joseph Beers "Polnische Hochzeit" ist am 24. März am Bildschirm zu erleben. Dazu kommen Übertragungen von der Styriarte, aus Grafenegg, den Salzburger Festspielen, St. Margarethen und manches mehr. Üppig ist es, das Kulturprogramm. Wenngleich die Handschrift von Ingrid Thurnher, die seit 2017 als Chefredakteurin fungiert, nicht zu übersehen ist: Der Information wird auch 2019 ein besonderer Wert beigemessen. Allen voran die Europawahlen sind gewichtiger Schwerpunkt der kommenden Monate.

Und sonst? Meteorologe Andreas Jäger gibt in einem Schülerquiz den Klassenlehrer - eine Rolle die er bei der Präsentation durchaus streng auslegte - und Kristina Sprenger wird in sechs Folgen ("Der Soundtrack Österreichs") dem österreichischen Austropop nachspüren. Peter Habeler, der sich bei der Präsentation stilecht abseilte, wird in vier "Land der Berge"-Folgen durch, ja durch das Land der Berge führen. Dazu gibt es ein Wiedersehen mit Vertrautem wie "erLesen", "Österreich heute", etc. Erhalten bleibt ORF III auch HugoPortisch, was ORF III-Chef Schöber besonders freut: Der 92-Jährige gestaltet eine Serie über die Folgen der nach dem Ersten Weltkrieg geschlossenen Friedensverträge.

Irgendwann war es dann vorüber. Interview, Buffet, kommunikatives Nachspiel. ORF III lebt - und könnte in den anstehenden Debatten um die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Angebots in den nächsten Monaten eine wichtige Rolle spielen.