Es klingt fast ein bissl nach Kabarett: Willst in den Nachtclub, dann musst ins Museum gehen. Noch ein kurz in die Zukunft gedacht und schwarz gemalt: Vielleicht ist der Nachtclub dank Corona ohnehin bald ein Fall für das Museum? Dass es schad wäre, ist maßlos untertrieben, und das zeigt sich – ja, im Museum: „Into the Night. Die Avantgarde im Nachtcafé“ heißt jene Ausstellung, die, virusbedingt geschlossen, im Belvedere leider schon nächste Woche ins Finale geht. Denn eines zeigt sich hier recht klar: Von außen betrachtet Horte der Ausschweifung, Orte entgleitender Kontrolle, Orte der Maßlosigkeit, aber von innen gesehen unentbehrliche Habitate der Schwarmintelligenzia. Spurenzieher und Tonangeber in Kunst, Architektur bis hin zu Design, Literatur, Musik und Tanz. Einer Auswahl dieser legendären Orte im Zeitrahmen 1880 und 1960 kann man hier nachspüren: Man durchwandert ein Kaleidoskop aus Gemälden, Fotografien, Filmen, Plakaten, Einrichtungsgegenständen und originalgetreuen Rekonstruktionen.

Schattenspiele erinnern an das berühmte "Chat Noir" in Paris
Schattenspiele erinnern an das berühmte "Chat Noir" in Paris © Susanne Rakowitz

Gleich zu Beginn taucht man in die Welt der Schattenspiele ein, die stellvertretend für das wohl legendärste Nachtlokal überhaupt stehen: dem „Le Chat Noir“ in Paris. Mit dem schelmisch dreinblickenden Kater im Logo galt das Kabarett ab 1881 mit seinen Schattenspielen als Vorreiter für das Kino. Von Paris flaniert man bequem ins Rom der 1920er-Jahre. Aber man sei gewarnt, heißt es da: „Tutti all’inferno!“ Dass es im „Cabaret del Diavolo“ teuflisch zugegangen ist, daran besteht kein Zweifel: flammenzüngelnde Tische und Stühle, Teufel und Teufelchen überall. Kein Wunder, Hausherr und Künstler Fortunato Depero war Futurist. Gemeinsam mit dem von Giacomo Balla designten Club „Bal Tic Tac“, setzte man hier futuristische Maßstäbe.

Echt teuflisch: Einrichtungsgegenstände im „Cabaret del Diavolo“
Echt teuflisch: Einrichtungsgegenstände im „Cabaret del Diavolo“ © Susanne Rakowitz

Zur gleichen Zeit tanzte man in Berlin bekanntlich auf dem viel zitierten Vulkan. Berauschend, wie sich Valeska Gert in Trance tanzt – während andernorts zur gleichen Zeit in einer „Damenkneipe“ heftigst diskutiert wurde, wie es Rudolf Schlichter, Vertreter der neuen Sachlichkeit, im gleichnamigen Bild darstellte. Gerade der Expressionismus erhielt durch jene Orte viel an Schubkraft.


Nach der Weltreise, über Clubs in Nigeria, Iran, Mexico, aber auch New York, tritt man ein in das 1907 von Josef Hoffmann geplante und von Künstlern der Wiener Werkstätte ausgestattete, „Kabarett Fledermaus“. Eintreten ist wörtlich zu nehmen, wurde doch der Barraum im Rahmen eines Forschungsprojektes der Universität für angewandte Kunst nachgebaut. Mit 7000 Keramikteilen und in Anlehnung an die Originalfliesen von Bertold Löffler und Michael Powolny. Auch nüchtern gesehen: umwerfend!

„Into the Night“, bis 1. Juni, Belvedere Wien.www.belvedere.at

Nachgebauter Barraum des „Kabarett Fledermaus“
Nachgebauter Barraum des „Kabarett Fledermaus“ © Belvedere Wien (Foto: Johannes Stoll)