Was tun mit einer Frau, die behauptet, in Wahrheit die Enkeltochter von Kronprinz Rudolf zu sein? Weißgelockt und hochwohlgeboren, mit einem Gesicht „wie eine gepuderte Rosine“ sitzt sie eines Tages in der Wirtsstube eines Provinzgasthauses und beginnt nach und nach ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Das ist die Ausgangssituation des höchst humorvollen, skurrilen und wendungsreichen Romans „Die allerletzte Kaiserin“ der jungen Grazer Autorin Irene Diwiak. Seit ihrem Debütroman „Liebwies“ hat sie schon mehrfach bewiesen, wie unterhaltsam und dezent ironisch sie erzählen kann. Auch ihr mittlerweile vierter Roman steckt voller schräger Figuren, gut recherchierter Fakten und fantasievoller Fiktion.

Es ist die Wirtstochter Claudia, die sich von der alten Dame und ihren Erinnerungen fesseln lässt und bei den wöchentlichen Treffen alles aufzeichnet, um es später einmal zu einem Buch machen zu können. Die Geschichte ist ja auch wirklich zu abenteuerlich: Demnach sollte der Vater der „Letzten Kaiserin“ ein illegitimer Sproß von Kronprinz Rudolf und seiner Geliebten Mary Vetsera gewesen sein, die nicht beim Doppelselbstmord in Mayerling ums Leben kamen, sondern unerkannt untertauchen konnten.

Irene Diwiak. Die allerletzte Kaiserin. C.Bertelsmann, 304 Seiten, 23.50 Euro

Subtil mokiert sich Diwiak im Plauderton über den Habsburger-Kult in ihrer Heimat, über Touristenmassen in der Kapuzinergruft und kaiserlich-königliche Devotionalien in Wirtshäusern und Wohnzimmern. Wie sie das macht, ist voller Sprachwitz, feiner Beobachtungsgabe und Fabulierlust. Wie nebenbei erfahren die Lesenden auch viel über historische Figuren, etwa über die Tochter Rudolfs und seiner Frau Stephanie, die als „rote Erzherzogin“ bekannte Elisabeth Petznek, oder über die Wiener Filmschauspielerin und Erfinderin Hedy Lamarr: „In Ihrem Gerät da, mit dem Sie immer meine Stimme aufzeichnen, ist sicher auch etwas von der Hedy drin. Na, auf jeden Fall hat es ihrem Mann nicht gepasst, dass sie als Nackerpatzerl über die Kinoleinwände hüpfte, da hat er sie einfach weggesperrt. So war das damals, Fräulein Claudia, wenn einem Mann etwas nicht gepasst hat, dann hat er seine Frau weggesperrt und Schluss!“ Wegsperren hat sich die allerletzte Kaiserin nie lassen. Aber auch der Ich-Erzählerin kommen am Ende Zweifel.