Wenn Sie noch einen Videorekorder besitzen sollten und im Keller über ein paar alte, angestaubte VHS-Kassetten mit Opernaufnahmen stolpern: Das, was sie darauf zu sehen bekämen, ähnelte wohl auf verblüffende Weise dem, was die Grazer Oper nun bei Georges Bizets „Die Perlenfischer“ zeigt.

Regisseur Ben Baur und die Grazer Ballettchefin Beate Vollack bringen ganz altmodisches Musiktheater, leider ohne Retro-Charme und fast schon parodistisch auf die Bühne. Zwischen Kunstblut, Theaterfelsen und Langhaarperücken spielt sich das unglaubwürdige Geschehen in Bizets Pseudo-Ceylon ab. Baur, der in Graz schon zwei recht schwache Arbeiten gezeigt hatte, blieb seiner Methode treu, die Klamottenkiste vor allem gegen Ende mit einigen optischen Reizen (hier ein Skelett, ein Mann in Flammen und dergleichen) „aufzufetten“, was den Eindruck des Unoriginellen nicht abschwächt, sondern nur noch verstärkt.
Dabei deutet der Auftritt der Leïla im ersten Akt an, wie reizvoll ein solches Opernmuseum auch noch sein könnte. Von derlei positiven Details abgesehen muss man sich diesmal also mit einer eher banalen Dreiecksgeschichte vor dem Hintergrund eines repressiven, archaischen Systems (stark als Oberpriester Nourabad: Daeho Kim) begnügen.
So bedauerlich es ist, einem dramaturgisch misslungenen Stück wie den „Perlenfischern“ keine Regie beizugeben, die die Handlung beglaubigt, so erstaunlich sind die 1863 in Paris uraufgefühten „Les pêcheurs des perles“ musikalisch. Bizets Fantasie ließ sich vom schwachen Libretto nicht domestizieren, es ist ein melodiensattes, eindrucksvolles Werk voller Poesie, das bereits die Anlagen des großen Musikdramatikers bezeugt.