Es gibt ja ein paar Theorien dazu, wie Musik und Gesang vor zigtausend Jahren entstanden sein könnten. Zur Kommunikation, zur Beschwörung der Natur, aber vielleicht auch um das leere Innere mit Klang und Sinn zu füllen, der Seele und dem Sein Ausdruck zu verleihen. Bei der Entstehung der Oper ist die Sache schon etwas klarer: Sie kam wohl aus dem Bedürfnis, Emotionen auszudrücken, und auf emotionale Weise zu bewegen, zu belehren und zu begeistern. Das wiederum hat sehr viel mit "Koma" vonGeorg Friedrich Haas zu tun. Denn der Komponist ist einer der ganz wenigen Tonkünstler unserer Zeit, denen es gelingt,  diese ursprünglichan Absichten zum Wesen seines Theaters zu machen. Seine Opern sind im Grunde wie jene des Erfinders des Genres, Claudio Monteverdi.

© (c) ARNOLD POESCHL

Haas' mikrotonal geprägte Klangsprache ist in erster Linie ungemein sinnlich, körperhaft. Sie reißt mit, sie geht unter die Haut. Sie ist dutzendfach geschichtet und verschachelt, sie ist schillernd wie bohrend. Haas bedient sich aber weder überkommener romantischer Klischees, noch kehrt er zur Tonalität zurück. Sein Schaffen befindet sich auf der Höhe der Zeit, verneint niemals die notwendige Komplexität der Moderne, ist sich der Geschichte und ihrer ästhetischen Entwicklungen und Probleme bewusst.

"Koma" nach einem sehr fokussierten, auf die Essenz reduzierten Libretto von Händl Klaus erzählt die Geschichte einer Patientin, die nach einem schweren, mysteriösen Vorfall das Bewusstsein verlor. Angehörige, Pflegepersonal und Ärzte sind die Figuren der Oper, für die Haas einen genialischen Kunstgriff einsetzt. Er lässt einen großen Teil des Stücks in absoluter Dunkelheit spielen. Das kann ein Angriff aufs Nervenkostüm sein. Es ist dem Klagenfurter Stadttheater hoch anzurechnen, dass es sich auf dieses Risiko einließ, bei der Premiere waren es nur wenige Besucher, die sich von mit Taschenlampen ausgestatteten Saaldienern hinausbegleiten ließen. Ganz zu schweigen von der enormen Leistungen der Interpreten, Sänger, Musiker und Dirigent Bas Wiegers, das Stück in dieser Finsternis zu spielen.

Die Dunkelheit ist natürlich eine Chiffre für Tod und Isolation, eine Isolation, die jeder Besucher unmittelbar zu spüren bekommt. Man ist als Hörer gleichsam auf sich zurückgeworfen, kann sich teilweise in diesen Schwebezustand zwischen Sein und Nicht-Sein einfühlen. Regisseur Immo Karaman findet für die bei Licht spielenden Teile ausgezeichnete Lösungen, lässt die hilflos bis verschrocken herumstehenden Personen rund ums Bett zu Tableaus erstarren und reichert das ganze mit starken Videos (von Bordos.ArtWorks) an.