Die Filmfestspiele von Venedig sind mit Polemik zu Ende gegangen. Der Geschäftsführer der von RAI kontrollierten Filmproduktionsgesellschaft RaiCinema, Paolo Del Brocco, zeigte sich enttäuscht, dass keine italienische Filme ausgezeichnet worden seien, obwohl Italiens Filmindustrie bei der diesjährigen Festivalausgabe stark präsent war.

Del Brocco stieß sich vor allem daran, dass der italienische Regisseur Gianfranco Rosi, 2016 erster Doku-Gewinner des Goldenen Bären in Berlin mit "Seefeuer" über das Flüchtlingsdrama auf Lampedusa, keinen Preis für seinen neuen dem Krieg in Syrien gewidmeten Dokumentarfilm "Notturno" erhalten habe. Dabei handelt es sich eine Koproduktion aus Italien, Frankreich und Deutschland, die in der Hauptschiene im Wettbewerb war und großen Beifall bei den Zuschauern geerntet hat.

Keinen Preis erhielt außerdem der Film "Le sorelle Macaluso" (Die Macaluso-Schwestern) der sizilianischen Opern- und Theaterregisseurin Emma Dante. Der Film basiert auf einem Theaterstück der Regisseurin, das um die Themen Familie und familiäre Gewalt kreist. Einziger Trost für Italien ist die Auszeichnung für den besten Schauspieler an den Römer Pierfrancesco Favino für seine Leistung in "Padrenostro", das von einer traumatischen Kindheit im Italien der 70er-Jahre erzählt.

Del Brocco kritisierte unter anderem, dass in der von Cate Blanchett geführten Festivaljury, zu der auch die österreichischen Regisseurin Veronika Franz zählte, kein Mitglied anwesend war, das sich stark genug für den italienischen Film hätte einsetzen können. Italien war durch den Schriftsteller Nicola Lagioia vertreten.

Alberto Barbera und Cate Blanchett
Alberto Barbera und Cate Blanchett © (c) AFP (TIZIANA FABI)

"Wenn Del Brocco Festivaldirektor sein wird, wird er selber die Jurymitglieder ernennen, die er will", erklärte der 70-jährige Festivaldirektor Alberto Barbera in einer Reaktion. Der Kulturmanager zog eine positive Bilanz des ersten Festivals während der Coronavirus-Pandemie. Die Tatsache, dass das Filmfestival trotz der Pandemie organisiert werden konnte, sei ein beachtenswertes Resultat. Die Zahl der Zuschauer reduzierte sich um 40 Prozent gegenüber 2019. "Wir hatten mit einem Rückgang von 66 Prozent gerechnet", meinte Barbera. 92.000 Tickets wurden verkauft, 2019 waren es 154.000 gewesen.

Der Aufsichtsrat der Biennale tagt Mitte Oktober und entscheidet, ob Barbera, seit zwölf Jahren Direktor des Festivals, weiterhin im Amt bleibt. Gerechnet wird mit einer weiteren Mandatsverlängerung.