DER ERSTE TAG MEINES LEBENS
Bewertung: ****

In einer verregneten Nacht in Rom klaubt ein mysteriöser Fremder (toll: Toni Servillo) vier Menschen auf, die Suizid begehen wollen: Eine Ex-Profiturnerin und ewige Zweite, eine Polizistin auf Nachtschicht, ein junger, gemobbter Youtube-Star und ein Motivationsguru,
der andere rettet. Ein liebenswert-störrisches Quartett, das der italienische Regisseur Paolo Genovese („Das perfekte Geheimnis“) hier auf Sinnsuche schickt. Denn sieben Tage bekommen sie Zeit, um es sich noch einmal zu überlegen. Sie cruisen durch die Stadt, essen Muscheln am Meer, steigen in einem Hotel ab und werfen Blicke auf ihre Traumata und in ihre unbekannte Zukunft. Leichtfüßig und lebenslustig wird von Tiefgründigem erzählt. (js)

FOREVER YOUNG
Bewertung: ***

Es ist der persönlichste Film von Schauspielerin und Filmemacherin Valeria Bruni Tedeschi. Die Französin erzählt von einem Jahrgang in der berühmten Schauspielschule Théâtre des Amandiers in Paris, wo sie studierte. In „Forever Young“erinnert sie sich an eine Lebensphase voller Träume und Begehren, in der alles möglich schien. Subtil spielen aktuelle Themen um Machtmissbrauch, sexualisierte Gewalt und Tyranneei am Theater in ihre Coming-of-Age-Story, die flirrend mit Dauerwellen, Aids-Problematik und Stonewashed-Jeans auf die 1980er zoomt. Die Clique rund um Stella (Nadia Tereszkiewicz) wird in einem System unter selbst ernannten Genies dazu gedrängt, stetig über ihre Grenzen zu gehen. Stella ist begehrt, entscheidet sich für den unnahbaren Étienne (Sofiane Bennacer). Echte Vorwürfe werfen Schatten voraus: Bennancer wird mehrfache Vergewaltigung vorgeworfen, er wurde von der César-Liste gestrichen und viele Kinos zeigen den Film nicht. Tedeschi verteidigte ihn, sie soll aber eine Affäre mit ihm gehabt haben. (js)

THE INSPECTION
Bewertung: ***

Elegance Bratton erzählt eine autobiografische Geschichte, das macht er im Abspann klar. Sein Alter Ego Ellis French ist ein junger queerer Mann aus New York, verstoßen von seiner Mutter und obdachlos. Er will ihr und sich selbst beweisen, dass er sein Leben ändern kann – bei den US Marines. Als er im Bootcamp geoutet wird, machen es ihm die Kameraden und der Chef-Ausbildner noch schwerer. „The Inspection“ ist die ernstere, afroamerikanische Version von „Eismayer“. Braton referenziert bekannte Militärklassiker von „Full Metal Jacket“ bis „Jarhead“ inklusive deren Hassliebe des Soldatentums. Im Fokus steht der Selbstbehauptungskampf eines Mannes; ohne Überraschungen, aber ehrlich emotional inszeniert. (maw)

KANDAHAR
Bewertung: ***

Tom Harris (Gerard Butler) ist Agent, der für die CIA eine Nuklearanlage im Iran in die Luft gesprengt hat. Auf der Suche nach dem Schuldigen stolpern die Iraner über eine Journalistin mit klassifizierten Informationen, bald darauf geistert Toms Bild durch die Medien. Enttarnt strandet Tom mit seinem Übersetzer Mo (Navid Negahban) in Afghanistan. Ihnen bleiben nur wenige Stunden, um sich an allen Agenten vorbei zu manövrieren und den britischen Luftwaffenstützpunkt in Kandahar zu
erreichen. Diese Verfolgungsjagd strotzt vor Klischees und Langeweile, bietet aber einige nette Wüstenpanoramen und einen Ansatz von westlicher Selbstkritik für die Lage im Nahen Osten. (sg)