"Oppenheimer" gelingt das schier Unmögliche. Nein, nicht die Entwicklung der Atombombe in nur drei Jahren. Diese Story streift das epische Biopic überraschenderweise nur an der Oberfläche. Christopher Nolan gelingt ein Sommer-Blockbuster, der eine intime, psychologische Geschichte erzählt, die ernsthafter nicht sein könnte.
Im Fokus steht Star-Wissenschaftler J. Robert Oppenheimer als "Vater der Atombombe" am Cover des "Time"-Magazines und seine spätere Verfolgung durch die wissenschaftsfeindlichen Antikommunisten in der McCarthy-Ära. Es geht um die Gewissenskonflikte des jüdischen Amerikaners, die schrecklichste Waffe der Welt zu entwickeln, um den Nazis zuvorzukommen. Welche Verantwortung trägt der vom unglaublichen Cillian Murphy gespielte, ebenso brillante wie charismatische Forscher? Das sind die Fragen, die Nolan in seiner Verfilmung des Buchs "American Prometheus" umtreiben.

Der neueste Streich des mittlerweile selbst zur Marke gewordenen Briten hat wenig mit seiner einflussreichen "Batman"-Trilogie oder dem Action-Thriller "Tenet" von 2021 zu tun. Ja noch nicht einmal mit dem ebenfalls historischen Schlachtenepos "Dunkirk". Diesmal richtet er die Kamera nur auf die bis zur letzten Rolle starbesetzten, fast ausschließlich männlichen Figuren und hört ihren Dialogen zu. Dass er das stolze 180 Minuten und 44 Sekunden lang macht und dafür das bestmögliche analoge Bildformat IMAX-70-mm einsetzt, ergibt eine ungewöhnlich spannende Mischung. Schwachpunkte wie die beiden unterbeleuchteten Frauenfiguren sind vorhanden. Normalerweise wird so einer Story ohne Superhelden und Action weder das Budget noch die Aufmerksamkeit zuteil, die "Oppenheimer" bekommt. Der Film hat diese und die große Leinwand verdient. Eine Atombombe explodiert irgendwann auch noch.

Bewertung: ****