Journalismus ist harte Arbeit. Das weiß Juan Moreno nur zu gut. Auf seinem Sachbuch "Tausend Zeilen Lüge. Das System Relotius und der deutsche Journalismus" baut nun der Spielfilm "Tausend Zeilen" auf. Moreno heißt darin Romero. Erfunden sind seine sowie die anderen Figuren aber nicht. Damit ist der Streifen den vermeintlichen Reportagen des gefeierten und vielfach ausgezeichneten Jungjournalisten Claas Relotius, der als Filmfigur Lars Bogenius heißt, schon einmal um einiges voraus.
Denn der talentierte Hochstapler hatte unzählige seiner Artikel für das deutsche Wochenmagazin "Der Spiegel" (im Film "Die Chronik") erfunden. Nun ist sein Name ein Synonym für strukturelle Probleme – und für pauschale Medien-Vorwürfe, die oft zu weit führen.
Regisseur Michael Bully Herbig greift diese reale Geschichte auf. Sie dreht sich nicht um Relotius alias Bogenius (etwas blass: Jonas Nay), sondern um den spanisch-deutschen Gastarbeitersohn Romero (sympathisch: Elyas M’Barek). Nur seiner Hartnäckigkeit ist es zu verdanken, dass der Skandal öffentlich wurde.

Der vierfache Vater sitzt gerade in einem Taxi in Mexiko, unterwegs zu Flüchtlingen, die Richtung amerikanischer Grenze ziehen. Mit dabei ist sein Fotograf und Freund, mit viel Dialekt gespielt von Michael Ostrowski. Als sein Chef am Telefon eine Doppel-Reportage zusammen mit Bogenius will, ist er nicht begeistert. Doch er schreibt seinen südlichen Teil, Bogenius porträtiert angeblich nördlich der Grenze rechte Flüchtlingsjäger.
Erste Zweifel daran werden von den eitlen Chefs im Verlag vom Tisch gewischt, und die Titelstory erscheint. Doch Romero kommt das Ganze immer noch spanisch vor, und er recherchiert beharrlich weiter, um Bogenius auf die Schliche zu kommen.
"Tausend Zeilen" ist nur bedingt ein Film über Journalismus und mühsam-trockene Recherche. Genau diese Arbeit wollte sich auch Relotius/Bogenius sparen und erfand die romanhafte Spannung, die er in der Realität nicht gefunden hat.

Bully Herbig will den Medien-Skandal möglichst leichtfüßig erzählen. Nicht als Aufdeckungsthriller, sondern als sonnig-spritzige Satire mit Anleihen an Adam McKays Filme und Steven Spielbergs "Catch Me If You Can" – ohne deren Dramatik zu erreichen. Damit verschenkt er einiges an Hochspannung und Ernsthaftigkeit, die in der Lügenstory und Aufdeckerjagd stecken. Keine unsympathische Mainstream-Verfilmung; nur um die gute reale Geschichte ist es ein wenig schade.

Bewertung: ***