­Es ist ein mutiger erster österreichischer Film, den der Streamingriese Netflix seinen mittlerweile 200 Millionen Abonnent*innen in der frischen Regionaloffensive zwischen stylischen Serien und Hochglanz-Filmen präsentiert: der Debütfilm einer erfahrenen Cutterin und ganz und gar kein erfreuliches oder glamouröses Thema. Eines vorweg: Es ist ein wichtiges Werk, das Ulrike Kofler in keinem einfachen Finanzierungsprozess verwirklicht hat. Dem Produzentenpaar Alexander Glehr und Johanna Scherz, die "Was wir wollten" in einem Interview als "Glücksfall" bezeichneten, ist ein Coup gelungen. Elyas M'Barek und Lavinia Wilson verkörpern ein Wiener Bobo-Paar, das eigentlich alles hat, aber das sich nichts sehnlicher wünscht, als ein Kind. Die Chancen auf dieses Glück stehen schlecht. Nach vier Fehlgeburten. "Keine Ausschabung diesmal", erklärt die Gynäkologin nüchtern und rät im Gespräch mit dem Paar zu einer dringenden Auszeit.

Zum Runterkommen. Zur Ablenkung. Zur Neuorientierung. Als Paar. Denn: Liebe und Leidenschaft sind den beiden zwischen strengen Zyklusplänen, Eisprung und Sex nach Uhrzeit abhandengekommen. Sie drohen an ihrem unerfüllten Kinderwunsch zu zerbrechen. Also reisen sie nach Sardinien. Dort, wo sie schon damals, frisch verliebt, eine fantastische Zeit hatten. Und ausgerechnet im Nachbar-Bungalow steigt eine auf den ersten Blick glückliche, vierköpfige Tiroler Familie ab. "Ich finde, es gibt nichts Schlimmeres als ein Leid, über das nicht gesprochen wird. Zehn bis 20 Prozent der Paare in Europa bleiben unfreiwillig kinderlos, bei Akademikern ist die Rate noch höher – und trotzdem ist es ein Tabuthema", sagte die Regisseurin in einem Interview zur Kleinen Zeitung.

Eigentlich hätte der Film in Österreich exklusiv Anfang November in den Kinos starten sollen, dann kam der Lockdown. Weltweit war das Drama ab 11. November auf Netflix verfügbar. Nur hierzulande nicht. Nun hat das Warten ein Ende - ab 22. Dezember kann man "Was wir wollten" auch in Österreich streamen. International wurde der Film trotz des schweren Themas vielerorts positiv rezensiert. Das Echo, so der Verleih Filmladen in einer Aussendung, sei enorm. "Der Film fand sich im Zuge der internationalen Verwertung in weltweit 39 Ländern unter den Top 10 der Netflix-Charts. So schien er in Deutschland auf Platz 3, in Brasilien sogar auf Platz 2 auf und fand über den Streaming-Giganten bereits ein Millionenpublikum auch außerhalb des deutschen Sprachraums." Und: Der Filmladen plant, den Oscar-Kandidaten auch auf die große Leinwand zu bringen, sobald die Kinos wieder aufsperren dürfen, um "dort seine ganze künstlerische Qualität und feine Nuancierung zu entfalten".

Ein Tabuthema im Hochglanz-Portfolio

"Was wir wollten" beleuchtet eines der letzten Tabuthemen unserer Zeit: Fehlgeburten. Nicht aus medizinischer oder gesellschaftspolitischer Perspektive. Sondern der Film skizziert den Schmerz, Verlust und die Enttäuschung, den Betroffene erleben. Genau davon berichtet ja auch erst unlängst Herzogin Meghan in einem aufsehenerregenden Beitrag in der "New York Times". Ulrike Kofler zeichnet die Schwere dieses Themas schonungslos, aber vor bezaubernder Kulisse leichtfüßig und feinfühlig nach. Lavinia Wilson brilliert in der Rolle der "traurigen Frau", wie sie ein kleines Mädchen im Nachbar-Bungalow im Urlaub nennt hatten. Und Elyas M'Barek darf sich einmal von einer ganz anderen, einer deutlich ernsteren Seite zeigen.
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