An einer Sache kommen die Oscar-Gewinner nicht vorbei: Nach dem Triumph auf der Weltbühne stehen die Stars hinter den Kulissen mehr als 300 Journalisten Rede und Antwort. Dort gab es Gefühlsausbrüche und Kampfansagen.

Guillermo del Toro und seine Babys

Guillermo del Toro hat schwer zu tragen - es sind gleich zwei Oscars, als Regisseur und Produzent des besten Films "Shape of Water - Das Flüstern des Wassers". Die Journalisten kommen sofort zur Sache. Wie könne man verhindern, dass Mexiko in den USA oft als Sündenbock an den Pranger gestellt werde? Umso wichtiger sei es, der Welt zu zeigen, was Mexiko in Bereichen wie Sport, Wissenschaft, Kunst und Film leisten könne, sagt Del Toro.

Dabei sei es sehr wichtig, seine Heimat und seine Wurzeln zu würdigen, betont der Regisseur. Und genau das werde er diese Woche "mit diesen beiden Babys" tun, strahlt der Mexikaner mit den Oscars in beiden Händen. In den nächsten Tagen wolle er gleich seine Eltern in der Heimat besuchen.

Guillermo del Toro und seine beiden Oscars
Guillermo del Toro und seine beiden Oscars © (c) APA/AFP/ANGELA WEISS (ANGELA WEISS)

Frances McDormand macht Druck

Lauter Applaus für Frances McDormand - doch sie wehrt den Jubel der Journalisten sofort ab. "Bitte schenkt mir keine Beachtung mehr, sonst steigt mir das alles zu Kopf", befiehlt die "Best Actress" mit ähnlich tougher Stimme, wie ihre furiose Mutterfigur in der Tragikomödie "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri". Die Oscar-Trophäe hat sie Backstage gleich auf der Bühne abgestellt. Mit verschränkten Armen gibt sie sich kämpferisch.

McDormand weist auf eine Klausel (Inclusion Rider) in Filmverträgen hin, derzufolge man darauf pochen könne, beim Dreh zur Hälfte mit Frauen und Minderheiten zu arbeiten. "Es gibt kein Zurück mehr", sagt die Schauspielerin. Die Forderung nach mehr Vielfalt und Gleichbehandlung sei nicht nur "ein Trend", sondern nun stehe Hollywood eine echte Veränderung bevor. Und sie wirft auch einen Blick zurück. Mit der Krönung des schwarzen Independent-Dramas "Moonlight" als bester Film habe der Wandel schon vor einem Jahr begonnen, glaubt McDormand.

Gary Oldman zitiert Schwarzenegger

Als Winston Churchill in "Die dunkelste Stunde" ist Gary Oldman ein politisches Schwergewicht. Doch Backstage, nach seinem Oscar-Sieg, wirkt er schmal und ein wenig erschöpft. Die schwere Oscar-Trophäe stellt er gleich neben sich ab. Die Rolle war "ein unvergessliches Erlebnis" und das Highlight seiner Karriere, sagt Oldman. Dass er "einen der großartigsten Engländer aller Zeiten" spielen durfte, mache den Oscar-Gewinn noch spezieller.

Gegen den 59-jährigen Star hatten die Mit-Nominierten keine Chance. Doch Oldman preist den 22 Jahre alten Mitstreiter Timothée Chalamet ("Call Me By Your Name") Backstage in höchsten Tönen - und mit einem berühmten Zitat von "Terminator" Arnold Schwarzenegger. "Er ist ein wunderbares Kind. Wirklich, ein Kind. Er ist charmant und ungeheuer begabt." Er habe Chalamet in der Oscar-Nacht gesagt 'You will be back'. Der Nachwuchsstar habe noch viele Jahre vor sich, doch für ihn selber sei es das wohl gewesen, sinniert Oldman.

Allison Janney geht barfuß

Hinter der Bühne hält es Allison Janney nicht länger aus. "Oh, meine Füße", grinst die frisch gekürte Oscar-Preisträgerin im hautengen roten Kleid. Als erstes zieht sie die hochhackigen Schuhe aus. Den Nebenrollen-Oscar verdankt sie ihrem Auftritt als herzlose, strenge Mutter in der Tragikomödie "I, Tonya". Wie wird sich ihr Leben nun ändern? Sie sei heilfroh, dass sie morgen früh gleich wieder zur Arbeit gehen müsse - für die TV-Serie "Mom". "Denn der Erfolg könnte einem sonst leicht zu Kopf steigen", grinst Janney.

Doch in der Oscar-Nacht soll sie diesen Erfolg ruhig auskosten. Was sage ihr ihre innere Stimme gerade, fragt ein Reporter. "Bravo. Gut gemacht, Mädchen. Ich bin stolz auf dich", schießt es aus der Schauspielerin raus. Und diese Ehrlichkeit wird von den Journalisten mit lautem Applaus honoriert.

Gerd Nefzer kann es nicht fassen

Er steht kopfschüttelnd auf der Bühne und strahlt: "Danke schön, Germany. Thank you. Great". Vor einem Millionenpublikum hält Gerd Nefzer seinen ersten Oscar in der Hand. Den hat sich der Deutsche als Spezialeffekte-Macher gemeinsam mit drei Hollywood-Kollegen bei dem Film "Blade Runner 2049" verdient. Der gebürtige Schwabe, mit einem Effekte-Studio in Babelsberg, kann es auch Backstage noch nicht fassen. "Es ist ein super Moment in meinem Leben, ich hätte es nie gedacht, dass ich es als deutscher Special Effects Supervisor mal zu den Oscars schaffe", sagt der 52-Jährige vor der versammelten Weltpresse.

Und wie geht es nun weiter - wo wird gefeiert? Die schüchterne Antwort des Hollywood-Neulings: "Ich bin mir noch nicht sicher, es ist das erste Mal, dass ich einen Oscar gewinne." Wahrscheinlich auch das letzte Mal, schiebt er grinsend nach. Aber natürlich wird jetzt mit dem Team und viel Champagner auf den Triumph angestoßen. Mit dem Oscar im Handgepäck geht es am Montag bereits zurück in die Heimat. Er müsse schon gleich am Dienstag wieder drehen, sagt Nefzer - in Englisch - mit einem stolzen schwäbischen Akzent.