In ihrer Doku "Waldheims Walzer" rollt Ruth Beckermann die heftig umstrittene Wahl von Kurt Waldheim zum Bundespräsidenten auf. Nun wurde der Film bei der Berlinale als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. "Wir haben vor vier Jahren mit dem Film begonnen und es ist ein Film der zeigt, wie man mit Rassismus, Populismus und Antisemitismus Wahlen gewinnen kann." Und weiter: "Es ist schon ein Wermutstropfen dabei, dass etwas, das vor dreißig Jahren geschah, heute so aktuell ist. Nicht nur in Österreich, nicht nur in Europa, sondern in der ganzen westlichen Welt. Man sieht, dass es immer wieder funktioniert, damit Wahlen zu gewinnen." Der Kinostart der Doku ist für Herbst vorgesehen.

Der Goldene Bär

Der Goldene Bär für den besten Film ging an den rumänischen Wettbewerbsbeitrag "Touch me not". Die Regisseurin Adina Pintilie beobachtet im Wettbewerbsbeitrag verschiedene Menschen bei deren sexuellen Praktiken unterschiedlichster Art. In einem nicht näher bestimmten Land will eine Frau ihre Berührungsängste durch Kontakte zu Callboys, Transvestiten und Therapeuten bezwingen, und schließlich klappt es auch mit der Intimität. Lange Pausen, Versprecher, nackte Körperteile in Großaufnahme und unorthodoxe Schnitte geben dem Ganzen etwas Experimentelles. Der Film ist außerdem als bester Erstlingsfilm ausgezeichnet worden. Die Regisseurin, die in ihrer Heimat auch als Kuratorin des Bukarester Festivals für Experimentalfilme bekannt ist, sagte: „Ich wollte herausfinden, was Intimität ist. Es ist eine Forschungsarbeit. Es war insgesamt ein langer Prozess. Letztlich war es eine siebenjährige Liebesgeschichte für uns alle.“

Adina Pintilie
Adina Pintilie © APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ

Den Großen Preis der Jury holte am Samstagabend die polnische Regisseurin Malgorzata Szumowska (44) mit ihrer Gesellschaftsparabel "Gesicht" ("Twarz"). Satirisch und anrührend erzählt sie von einem jungen Mann, der nach einer entstellenden Gesichtstransplantation nicht nur in seinem Umfeld, sondern auch in der eigenen Familie abgelehnt wird.

Beide Filme gehörten bei den Kritikern nicht zu den heißen Favoriten. "Wir haben herausgefunden, dass wir nicht nur das würdigen wollen, was Kino kann, sondern auch das, wo es noch hingehen kann", sagte Jury-Präsident Tom Tykwer.

Die Silbernen Bären

Der Silberne Bär für den besten Hauptdarsteller ging an Anthony Bajon im Film "La prière" (The Prayer) von Cédric Kahn. Als beste Hauptdarstellerin wurde Ana Brun für "La Herederas" ausgezeichnet, einem stillen Frauendrama aus Paraguay. Wes Anderson bekam für seinen Animationsfilm "Isle of Dogs" den Silbernen Bären als bester Regisseur, mit dem Film ist die Berlinale auch eröffnet worden. Am 10. Mai soll der Film, der von der Verbannung von Hunden aus einer japanischen Stadt erzählt, auch in die Kinos kommen. Für Wes Anderson, der nicht anwesend war, nahm Bill Murray den Preis entgegen. Der Silberne Bär - Alfred Bauer Preis ging an Marcelo Martinessi für "La Herederas".

Silberner Bär für Ana Brun
Silberner Bär für Ana Brun © APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ

Der Silberne Bär für "Herausragende Künstlerische Leistung" ging an Elena Okopnaya für die Ausstattung von "Dovlatov". "Dieser Film war wirklich eine große Herausforderung. Wir hatten nicht viel Zeit und nicht viele finanzielle Möglichkeiten." Über den Silbernen Bären für das "Beste Drehbuch" ging an Manuel Alcalá und Alonso Ruizpalacios für "Museo". Der Film erzählt vomerfolgreichen Einbruch ins Nationalmuseum der Hauptstadt durch zwei junge Studenten. Bei ihrem Raubzug fragt der eine, ob die Federkrone Montezumas an der Wand auch mitgehen solle. "Nein", antwortet der andere. "Da ist uns wer zuvorgekommen. Der Echte ist in Österreich." Und zwar im Wiener Weltmuseum. 

Die Kurzfilmpreise

Schönes Zeichen gleich zu Beginn bei der Berlinale: Der erste Preis des Abends ging an eine Frau, und zwar an Réka Bucsi für Solar Walk. Sie wurde mit dem "Audi Short Film" Award ausgezeichnet und freute sich als "unabhängige Filmmacherin" über den mit 20.000 Euro dotierten Preis. Der Silberne Bär (Preis der Jury) für einen Kurzfilm ging an "Imfura" von Samuel Ishimwe. Der Goldene Bär für den besten Kurzfilm ging an Ines Modavskys "The Men Behind the Wall". Die israelische Filmemacherin bedankte sich für die "große Ehre". In ihrem Kurzfilm gibt Ines Moldavsky ihre Konversationen auf der Dating-App Tinder wider, worin nicht nur Geschlechterbilder, sondern auch politische Fragen diskutiert werden.

Anke Engelke moderiert die Preisverleihung und meinte: "Die Berlinale war politisch und ist mit ihren Themen auch super umgegangen." Dann holte sie gleich zu Beginn Bill Murray auf die Bühne, der zugeben musste: "Ich habe keine Idee, was sie eigentlich sagt". Unter anderem hatte Engelke folgendes zu sagen: "Die Berlinale war ein bisschen tricky, ich war in 33 Filmen und bei drei oder vier Filmen sind die Leute früher hinausgegangen."

Insgesamt waren bei dem elftägigen Festival 385 Filme aus 78 Ländern zu sehen. Am Sonntag geht die Berlinale mit einem Publikumstag zu Ende. Im vergangenen Jahr hatte der ungarische Liebesfilm "Körper und Seele" von Ildiko Enyedi den Goldenen Bären gewonnen.