Im Fall eines Schuldspruchs hatte ihr eine Haftstrafe zwischen einem und zehn Jahren gedroht. Am Ende fiel die Strafe für Silvia Stantejsky relativ milde aus: Vom Vorwurf der Bilanzfälschung wurde sie freigesprochen, wegen Untreue und Veruntreuung ist Stantejsky (64) die frühere kaufmännische Geschäftsführerin des Wiener Burgtheaters, am Montagabend am Wiener Landesgericht zu einer zweijährigen bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Zudem trug ihr das Gericht Schadensgutmachung auf: Stantejsky hat dem Burgtheater binnen 14 Tagen 319.156,10 Euro zu bezahlen. Darüber hinausgehende Forderungen muss das Burgtheater auf dem Zivilrechtsweg einklagen. Stantejsky hat das Urteil angenommen.

Honorare anderweitig verwendet

"Fehler, die mir unendlich leidtun" hatte Stantejsky zuvor am Montagabend am Wiener Landesgericht am Ende ihres Prozesses wegen Untreue, Veruntreuung und Bilanzfälschung eingeräumt. Sie habe Honorare des Ex-Burgtheater-Direktors Matthias Hartmann und des Regisseurs David Bösch anderweitig verwendet, sich aber nicht persönlich bereichert. Mit den Beträgen habe sie Verbindlichkeiten des Theaters abgedeckt, betonte Stantejsky. Indem sie mit den Tränen kämpfte, versicherte sie dem Schöffensenat: "Das Burgtheater war meine Leidenschaft. Das können Sie mir glauben, ich hätte es nicht schädigen wollen." Sie ersuchte das Gericht, "meine damalige schlimme Situation, die teilweise aussichtslos war zu berücksichtigen".

Täuschungsmanöver für die Bilanz

Dem Gericht stand im Fall eines Schuldspruchs ein Strafrahmen zwischen einem und zehn Jahren zur Verfügung. Nun sind es zwei Jahre bedingt geworden. Zuvor wurden am Montag in dem Verfahren noch letzte Aussagen von Sachverständigen aufgenommen. Wirtschaftsprüfer Peter Wundsam ortete dabei "wesentliche Fehldarstellungen"bei der Bilanzerstellung in den Jahren 2008 bis 2013. Wundsam bemängelte etwa, dass ausgelaufene Inszenierungen, die sich nicht mehr am Spielplan fanden - am Ende der jeweiligen Saison nicht abgeschrieben wurden. So wurde "eine wirtschaftliche Nützungsmöglichkeit" suggeriert, auf diese Weise ließen sich zwischen 2009 und 2013 über 3,4 Millionen Euro fälschlicherweise in der Bilanz darstellen. Auch bei Personalrückstellungen gab es  solche Täuschungsmanöver - bei Urlauben und Zeitausgleich in der Technik wurden etwa bis zu 1.500 Stunden pro Jahr nicht berücksichtigt.

Das alles bewirkte "ergebniswirksame Fehldarstellungen", die allein 2009 vier Millionen Euro ausmachten, hielt der Wirtschaftsprüfer fest. Insgesamt wies das Burgtheater ab 2008 bis 2011 eine jährliche Bilanzsumme zwischen 27,5 und 33 Millionen Euro aus. Danach gab es massive Rückgänge aufgrund von Bilanzverlusten und verringertem Anlagevermögen.

Stantejsky war im bisherigen Verhandlungsverlauf zu den - was die Strafdrohung betrifft - zentralen Vorwürfen der Anklage teilweise geständig, hatte jedoch eine persönliche Bereicherung bestritten.
Die inkriminierte Bilanzfälschung hatte sie in Abrede gestellt. Stantejsky sei es darum gegangen, "die miese finanzielle Lage des Burgtheaters zu bewältigen" und das Ansehen des Hauses hochzuhalten, so die Verteidigung. Sie habe - wenn auch nur am Papier - die Vorgaben der Bundestheater-Holding umsetzen wollen, von der eine "schwarze Null" verlangte wurde.

Laut dem psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen Kurt Meszaros war Silvia Stantejsky im inkriminierten Tatzeitraum zurechnungsfähig. Er billigte der ehemaligen kaufmännischen Geschäftsführerin des Burgtheaters einBurn-out-Syndrom zu, das sich "schleichend langsam" entwickelt habe. Auf ihre Schuldfähigkeit habe sich das aber nicht entscheidend ausgewirkt, meinte Meszaros.

Stantejsky sei unter starkem persönlichem Druck gestanden. Sie habe ein Übermaß an persönlicher Energie in "ein beinahe unerreichbares Ziel, die schwarze Null" gesteckt, erläuterte der Psychiater.  Dass sie psychische Probleme ab 2011 medikamentös behandeln ließ, habe sich nicht nachhaltig auf ihre Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit ausgewirkt. "Die war nie so herabgesetzt, dass die Dispositions- und  Diskretionsfähigkeit aufgehoben war", betonte Meszaros.