Das war kein gewöhnlicher Festspieltermin, diese konzertante Aufführung von Verdis Oper „Luisa Miller“ im Festspielhaus. Man kann sich schwer vorstellen, wie sich Plácido Domingo gefühlt haben mag, vor dem Gang auf die Bühne. Wie würde das Publikum, sein Publikum reagieren nach den schweren Anschuldigungen mehrerer Frauen gegen ihn? Der Auftrittsapplaus, der noch keinem Ton gegolten haben konnte, muss wie eine Befreiung für ihn gewesen sein. Stehende Ovationen räumten jeden Zweifel aus, ob das Festspielpublikum vielleicht seinem langjährigen Liebling den Rücken gekehrt hatte. Sichtlich bewegt dankte der 78-jährige, nicht zuletzt mit einer fulminanten Darbietung.

Früher einmal war Domingo der umjubelte Rodolfo gewesen, die tragische Hauptfigur in dieser auf Schillers „Kabale und Liebe“ zurückgehenden Oper. Heute muss er sich mit der vergleichsweise bescheidenen Rolle von Luisas Vater begnügen. Piotr Beczala, derzeit einer der besten Tenöre der Welt, stiehlt ihm die tenorale Show. Gemeinsam gelingt es den beiden Männern immer wieder, das schmerzliche Fehlen einer szenischen Umsetzung dieser packenden Intrige zu vergessen. Vor allem dann, wenn auch James Conlon aus dem nicht an Oper gewöhnten Mozarteumorchester Funken zu schlagen versteht.

Die düstere Folie, vor der die beiden Sympathieträger strahlen können, gestalten Roberto Tagliavini als stahlharter, finsterer Graf Walter und John Relyea, der mit geschmeidiger Stimme den abgründigen Widerling Wurm zeichnet. Der wabernde scharfe Sopran Nino Machaidzes wollte schlecht zum reinen, schlichten Gemüt Luisas passen. Wunderbar Yulia Matochkina als Fürstin, der am Schluss nur ein toter Ehemann bleibt. Anhaltender Jubel für alle, und Extrablumen für Domingo.