Vergewaltigungsfantasien, Gewaltandrohungen, Bodyshaming: Dass Frauen im Netz einem anscheinend unerschöpflichen Repertoire an Bedrohungen und Beleidigungen ausgesetzt sind, ist durch den Prozess gegen die Ex-Grünen-Politikerin Sigrid Maurer erst so richtig ins öffentliche Bewusstsein gedrungen. Wie berichtet hatte Maurer den Namen eines mutmaßlichen Hassposters veröffentlicht, der sie auf Facebook mit wüsten Obszönitäten schikaniert hatte – und ist dafür nun wegen übler Nachrede verurteilt worden.

Österreichweit hat das (nicht rechtskräftige) Urteil für einen bemerkenswerten Bewusstseinsschub gesorgt: Innerhalb von nur zwei Tagen hat das von Maurer und dem Verein Zara initiierte Crowdfunding für einen „Rechtshilfefonds gegen Hass im Netz“ das Ziel von 100.000 Euro erreicht. Mit dem Geld will Maurer ihren Rechtsstreit durchfechten, der restliche Teil der gespendeten Summe soll den Ausbau der rechtlichen Beratung bei Hass im Netz und einen Fonds zur Finanzierung weiterer Klagen von Betroffenen unterstützen. Auch, dass jüngst Umweltministerin Elisabeth Köstinger publik machte, wie ein Hassposter sie nach Geburt ihres Kindes als „fett“ beschimpfte, hat die Diskussion über Cybermobbing gegen Frauen weiter befeuert.

Prominente Fälle sorgen für Präsenz

„Das Thema gewinnt durch derart prominente Fälle an Präsenz“, stellt Daniela Grabovac fest. Auf diese Weise, erinnert die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark, sei vor Jahren auch Bewegung in die Diskussion über sexuelle Belästigung gekommen.
Der Fall Maurer zeigt auf, dass Drohungen im Netz strafrechtlich bisher kaum relevant sind, „dass wir hier also erst Grenzen schaffen müssen“, so Grabovac. Da Hassposter oft darauf abzielten, Frauen durch sexualisierte Gewaltandrohung im Netz mundtot zu machen, sei es für die Betroffenen zentral „zu wissen, dass sie Hilfe und Unterstützung haben, wenn sie den Mut aufbringen, Bedrohungen und Beleidigungen aufzuzeigen“. Etwa bei Meldestellen gegen Hass im Netz (siehe unten) oder zivilrechtliche Schritte.

Und: „Auf die Betreiber sozialer Netzwerke braucht es politischen Druck vonseiten der EU wie auch von der nationalen Politik.“ Leicht wird das nicht: Facebook etwa hat derzeit 2,2 Milliarden Nutzer pro Monat, Regierungen haben kaum Einfluss auf die Strategien der Internetriesen. Druckaufbau gibt es dennoch: Heimische Politikerinnen planen eine überparteiliche Initiative im Parlament, Neos-Justizsprecherin Irmgard Griss plädiert nun dafür, psychische Gewalt als Tatbestand ins Strafgesetzbuch aufzunehmen. Und die Initiatorinnen des aktuellen Frauenvolksbegehrens wünschen sich ein neues Gesetz gegen Hasspostings noch „vor Jahresende. Das ist die Politik all den von Hass betroffenen Frauen und Menschen schuldig“.