"Ich hab mich vor zwei Jahren in Taiwan verliebt.“ Diesen Satz sagt Dirk Kaftan bei seinem Aufenthalt in Tainan, der ältesten Stadt Taiwans, öfter. Mit einem Gastspiel vor zwei Jahren, bei dem er mit dem dortigen Nationalorchester das Ballett „Schwanensee“ aufführte, war ein Kontakt zu Taiwan hergestellt, der unbedingt aufrechterhalten werden sollte. Kontaktmann und Brückenbauer war Allen Yu, immer freundlicher Ballettmeister und Choreograph an der Grazer Oper, der aus Tainan stammt und seit 14 Jahren in Graz eine zweite Heimat hat. Ihm war es seit Langem ein Anliegen, seine zwei „Heimatstädte“ zu verbinden.

Nun waren die Grazer Philharmoniker also mit zwei „Austrian Nights“ beim „Tainan Arts Festival“ im Cultural Center vertreten, und Festivaldirektor Yeh Zeshan bezeichnete diese als den wichtigsten Programmpunkt des vier Monate dauernden und 150 Veranstaltungen umfassenden renommierten Festivals.

Fürstlicher Empfang

Um 6 Uhr in der Früh starteten die 60 Musiker in Graz; 24 Stunden später (durch die Zeitverschiebung um 12 Uhr mittags) kam man in Tainan im prachtvollen Tayih Landis Hotel an. Dirk Kaftan war schon zwei Tage zuvor angereist, um mit dem Formosa Ballet und dem Tainan Chamber Choir zu proben.

Bis zum ersten Probentag waren liebevoll geführte Sightseeing-Touren, Welcome-Dinner und Pressekonferenz geplant. Dirk Kaftan, Intendant Bernhard Rinner, Nationalratsabgeordneter Werner Amon und Albin Mauritz, Direktor des österreichischen Büros in Taipei, schwärmten von der „sensationellen Gastfreundschaft“ (Kaftan: „We were treated like kings“) und der großen Herzlichkeit der Gastgeber. Tainans Bürgermeister Lai Ching-Te und Festivaldirektor Yeh Zeshan beteuerten im Gegenzug die große Freude und Ehre, die der Besuch der Grazer Philharmoniker für sie bedeuten würde. Und von beiden Seiten war spürbar, dass hier nicht nur höfliche Floskeln ausgetauscht wurden. Schließlich der große Auftritt: die „Austrian Nights“. Mozarts Jupiter-Symphonie vor der Pause erweckt einhellige Bewunderung, der Donauwalzer im zweiten Teil bringt aber spürbare Begeisterung. Schließlich tanzt auch das exzellente taiwanesische Formosa Ballet dazu. Die entzückende Sopranistin Tatjana Miyus bekommt bei ihrem taiwanesischen Folksong, dessen Text sie von einem Fächer abliest, gleich mehrmals Zwischenapplaus.

Kaiserwalzer

Das Vilja-Lied aus Lehárs „Lustiger Witwe“ – vom Tainan Chamber Choir wunderbar unterstützt – und der Kaiserwalzer heben die Stimmung im Publikum noch weiter an. Als dann Bariton Ivan Ore(s)(c)anin Millöckers „Dunkelrote Rosen“ singt, geht ein hörbares Schwärmen durch die Damenwelt, und er erntet wohlwollendes Lachen für seinen taiwanesischen Folksong. Dirk Kaftan fliegen nach ein paar Sätzen in der Landessprache die Herzen zu, und mit Teilen aus der „Fledermaus“, österreichischer Volksmusik (ein Quintett in Lederhosen), der Polka „Unter Donner und Blitz“ und dem Radetzkymarsch enden beide Konzerte mit vier Zugaben und Standing Ovations. Ein Triumph!