Sein Leben ist eine Berg- und Talfahrt. Und das im Viertelstunden-Takt. „Wagenbegleiter“ Raimund Brandner oder wie er sich selbst nennt, „der Gondoliere vom Dachstein“, hat an seinem Pult in der „1er-Gondel“ Stellung bezogen. Dort, wo er die Knöpfe und Klingelgeräusche in- und auswendig kennt. Genauso wie die Aussicht, die für ihn immer noch „oafoch himmlisch“ ist und seinen Job „zum besten auf der ganzen Wöd“ macht, wie er mit breitem Grinsen und noch breiterem Dialekt erklärt.

Pieps-Pieps: Klang der Berge

Während sich die Gäste in der Panoramagondel die besten Plätze sichern, um sich später die Nase an der Scheibe platt zu drücken, lauscht er kurz vorm Start auf die ihm vertrauten Geräusche. Für ihn klingen die Berge ungefähr so: Pieps-Pieps - der Kollege in Wagen zwei meldet sich. Ein Mal lang, ein Mal kurz: Anruf von der Bergstation. Ein Mal kurz und ein Mal lang: Talstation, bitte kommen!Sommer bedeutet Rushhour hoch oben auf dem Dachsteinmassiv, beinahe jede Gondel ist ausreserviert, aber auch unten in Ramsau werden die Touristen zuerst auf Steirisch und danach auf Englisch nach der Reservierung gefragt. Wenn sie keine haben, dürfen sie erst gar nicht die Mautstraße hochfahren. Der Dachstein ist derzeit fest in Touristenhand - bis zu 3000 Besucher aus allen Ecken und Enden dieser Welt wollen täglich das Bergpanorama genießen und nach Urlaubsschluss entsprechende Selfies zu Hause vorweisen.

„Sonst steht die Hittn“

Niemand weiß das besser als Raimund Brandner, dessen Aufgabe es ist, die Leute sicher zwischen Berg und Tal hin- und herzuchauffieren: 1000 Höhenmeter in sechs Minuten bei einer Fahrgeschwindigkeit von 43 Kilometern pro Stunde. „Man muss vor allem ein Auge auf die Kinder haben, sie drücken schnell einmal an Knöpfen herum und dann steht die Hittn. Was ich halt nicht ganz verstehe, ist, dass die Leute verlernt haben, zu genießen und zu schauen. Es wird einfach nur noch mit dem Handy fotografiert.“

Für den Wagenbegleiter geht es an starken Tagen bis zu 100 Mal auf und ab. „Freunde fragen mich oft: Ist dir das nicht fad, das ewige Rauf und Runter? Mich stört das überhaupt nicht, obwohl: Ich sag ja mittlerweile schon immer ,meine Seilbahn', da sieht man, dass die Höhe ihre Zeichen hinterlässt“, lacht er schallend im Konferenzraum der Bergstation, während die Touristen den Eispalast erkunden oder einen Blick von der Treppe ins Nichts wagen. Oder staunend auf die Eistruhe im Restaurant blicken, die zu einer Hälfte in der Steiermark und zur anderen in Oberösterreich steht.

"Dann bin ich am Berg picken geblieben"

„Dabei geht es nicht nur darum, die Leute auf den Berg zu bringen, sondern auch rechtzeitig wieder runter. Es gibt ja immer wieder Zeiten am Tag, wo dann plötzlich alle gleichzeitig wieder ins Tal wollen“, erklärt der 57-Jährige, der „am 3. 3. 1980 bei der Dachstein Tourismus AG als Bürogehilfe“ zu arbeiten begann. „Dann bin ich irgendwie am Berg picken geblieben.“ Es folgten weitere Stationen als Kassier und Liftwart, bis Raimund Brandner schließlich vor zehn Jahren den Stehplatz in „seiner“ 1er-Gondel eingenommen hat. Wo er vor allem für die Sicherheit der 54 Gäste, die die Gondel fasst, verantwortlich ist. „Bis auf eine Entbindung habe ich eigentlich schon fast alles erlebt“, lacht er mit dem Nachsatz, dass seine Arbeit drei Dinge erfordere: „Man muss fit sein, sich mit der Technik auskennen und ein Gespür für Menschen haben.“

Der Arbeitstag des Wagenbegleiters startet um 7.30 Uhr mit einer Transportfahrt, bei der er seine Kollegen - Pistendienst, Liftwarte, Personal des Eispalasts - den Berg hochbringt. Aber das ist nur eine der Aufgaben, die er und seine Kollegen ganz unbemerkt erledigen. Abends, wenn keine Touristen mehr unterwegs sind, müssen zum Beispiel Trinkwasser auf den Berg und das Abwasser ins Tal transportiert werden. „Wir haben keinen Canal Grande“, grinst Brandner. Und dann erst geht es endgültig in Richtung Tal, heim nach Öblarn.