An normalen Tagen ist in den Produktionshallen der Firma Selinger viel Lärm zu hören. Es wird Metall geschweißt, gehämmert oder anderweitig bearbeitet und verbaut. Vergangenen Freitag waren die Hallen jedoch leer. Anstelle der alltäglichen Arbeit feierten die Mitarbeiter vor der Firma ein großes Fest. Der Grund dafür war ein überraschender und dafür umso erfreulicher Erfolg: Denn das Straßburger Unternehmen wurde bei der ersten Ausgabe des österreichischen Metallbaupreises zum Sieger der höchsten Kategorie gekürt und gilt damit als eine der besten Metallbaufirmen des Landes. Das hat die renommierte Jury der AMFT (Arbeitsgemeinschaft der Hersteller von Metall-Fenster/Türen/Tore/Fassaden) nach Bewertung von circa zwanzig eingereichten Projekten entschieden.

„Es gibt so viele gute Metallbauer, die noch größer und spektakulärer sind als wir. Ich habe nicht damit gerechnet“, freut sich Johann Selinger, Seniorchef der Metallbau Selinger GmbH. Er hat die Firma 1982 – vor mehr als 40 Jahren – von seinem Vater übernommen. Damals arbeitete er noch als Ein-Mann-Unternehmen in den Bereichen Schmiede, Schlosserei und Anhängerbau. Schließlich holte er seinen Bruder Hermann ins Boot und Schritt für Schritt weitere Mitarbeiter: „Wir sind langsam gewachsen.“

Für Johann Selinger war die Auszeichnung nun die Krönung und der erfolgreiche Abschluss seiner beruflichen Karriere. Denn am ersten Februar übergab er die Führung an seinen Sohn, Sebastian Selinger.

Schon im Vorjahr wurde das Unternehmen auf den neuen Wettbewerb des AMFT aufmerksam. Um das Projekt einzureichen, wurde bis in die Nacht gearbeitet: „Ich bin bis drei Uhr in der Früh vor dem Computer gesessen, damit die Einreichung noch vor der Deadline ankommt“, erinnert sich Sebastian Selinger.

Freude über Metallbaupreis

Im Rahmen der österreichischen Metallbautage wurden Anfang April im Ennstal die Sieger in drei Kategorien gekürt: kleine Projekte bis 100.000 Euro Auftragssumme, mittlere Projekte mit einer Auftragssumme zwischen 100.000 und einer Million Euro und Großprojekte ab einer Auftragssumme von einer Million Euro.

Als bei der letzten Kategorie auf Platz eins der Name „Metallbau Selinger GmbH“ fiel, staunten die Anwesenden nicht schlecht. „Ich konnte es gar nicht realisieren“, beschreibt Sebastian Selinger, „aber es ist ein schönes Gefühl und es macht mich sehr stolz. Es ist eine Wertschätzung für unser Unternehmen und unsere Mitarbeiter.“

So sieht der neue Ikea am Standort Wien Westbahnhof aus
So sieht der neue Ikea am Standort Wien Westbahnhof aus © Christina Haeusler

Sein Vater freut sich darüber, dass das Unternehmen vor den Vorhang geholt wurde: „Wir waren eigentlich immer anonym, im Hintergrund. Jetzt kennen uns alle und die Architekten wissen, was wir umsetzen können.“

Riesiges Ikea-Gebäude in Wien

Denn was genau das 80-köpfige Team umsetzen kann, zeigt sich im Siegerprojekt. Errichtet wurde ein riesiges Ikea-Gebäude am Wiener Westbahnhof. Darin verbaute man so ziemlich alles, was der Metallbau zu bieten hat: „Die Gebäudehülle aus Pfosten-Riegel und Aluminiumglasfassade, Fluchttreppen, Lifte, Fenster, Türen, freitragende Blechstiegen, Geländer, Stahlbaukonstruktionen im Innenhof, Sonnenschutzlamellen am Dach, welche das Ikea-Logo aus der Vogelperspektive erkennen lassen“, zählt Sebastian Selinger auf. Natürlich wurde jedes einzelne Teil in Straßburg angefertigt, „made im Gurktal“ sozusagen.

Besonders spektakulär sei die Anbringung der Treppen im Innenhof gewesen. Sie wurden in der Produktionshalle zusammengebaut und per Sondertransport nach Wien gebracht: „Wir hatten nur ein kleines Zeitfenster. Die Treppen wurden mit einem Spezialkran von oben in den Innenhof gehoben und innerhalb von drei Stunden fertig montiert“, erzählt der 31-jährige Geschäftsführer. Rund 420 Tonnen an Material verfrachtete man von Straßburg in die Bundeshauptstadt.

„Es ist bisher unser größtes Projekt“, weiß Johann Selinger, „noch nie wurde in der über hundertjährigen Firmengeschichte so viel Material in so kurzer Zeit verbaut.“

Von November 2019 bis August 2021 war die Straßburger Firma mit den Arbeiten am Ikea-Gebäude beschäftigt. Die 6700 Quadratmeter große Fassade sei einzigartig in Europa. „Es ist ein architektonisches Vorzeigeprojekt mit zusätzlichen Einheiten in der Wand, welche den Kundinnen und Kunden das Gefühl geben, aus dem Gebäude hinausgehen zu können. Auch die Nachhaltigkeit wurde mitbedacht. Mit der Begrünung um das Gebäude kann die Umgebungstemperatur an heißen Tagen um 1,5 Grad gesenkt werden.“

Geschätzt habe man am Projekt zudem die professionelle Zusammenarbeit mit der „querkraft architekten zt gmbh“, der „face of buildings planning stimakovits GmbH“ und der „HT Generalunternehmer & Industriebau GmbH“.

Familiäres Unternehmen

Dass sich ein Kärntner Unternehmen den allerersten Metallbaupreis sichert, sei auch für die Region bedeutend. Von der Planung bis zur Montage bringt sich die Firma ein. Johann Selinger betont: „Wir fertigen alles in Straßburg an und verlagern unsere Produktion nicht ins kostengünstigere Ausland. Die Wertschöpfung soll im Land erhalten bleiben.“

Im Unternehmen arbeite die ganze Familie mit. Gegründet wurde es schon vor 112 Jahren von Otto Selinger, Sebastians Urgroßvater. Anfangs war es noch eine kleine Schmiede. Mittlerweile bietet man Aluminium- und Stahlfertigungen (Fenster, Türen, Fassaden, Metallkonstruktionen, Brandschutz, Sonderkonstruktionen, Kranarbeiten) an und verfügt über eine eigene Konstruktionsabteilung. Auch Lehrlinge werden in Mellach bei Straßburg ausgebildet. „Hinter dem Erfolg steckt das Team“, betont Emilis Selinger.

Aus diesem Grund wurde ein großes Fest für alle am Firmenstandort organisiert, um den Erfolg gebührend zu feiern. Und ein Betriebsausflug nach Wien fand ebenfalls statt: „Damit alle Mitarbeiter der Zentrale das Ikea-Gebäude besichtigen konnten.“

Die ganze Firma freute sich über den Metallbaupreis
Die ganze Firma freute sich über den Metallbaupreis © Metallbau Selinger