„Wir laden alle zu uns ein, die das Gefühl haben, im Abseits zu stehen, die sich in der kalten Jahreszeit vielleicht aufwärmen wollen oder einfach nur Lust auf einen Kaffee haben“, sagt Hermann Kuenz. Der pensionierte Politiker kam „wie die Jungfrau zum Kinde“, als 14 Tagen vor Beginn der Fastenzeit in Lienz das Angebot einer Teestube eingerichtet worden ist. „Sechs Wochen später koordiniere ich ein Team aus 25 Freiwilligen, die sich jeweils von Dienstag bis Donnerstag in Zeit von 11 bis 15 Uhr in den Dienst unserer guten Sache stellen.“

Träger der Teestube ist das Franziskanerkloster in Lienz, das den Pfarrsaal zur Verfügung stellt. Kuenz: „Ich bin dankbar, dass wir im Zentrum unserer Stadt in einem der schönsten Räume des Klosters Gastgeber sein dürfen.“ Pater Martin Bichler ergänzt mit einem Lächeln, dass in einem Franziskanerkloster „natürlich auch Haustiere wie zum Beispiel Hunde mitgebracht werden dürfen“.

„Absichtsloses Dasein für alle“

Jeweils zwei Freiwillige fungieren zu den Öffnungszeiten als Gastgeber. Sie bereiten eine einfache Jause zu mit Butterbroten, Äpfeln oder Keksen. „Wir haben schnell gelernt, dass unsere Hauptaufgabe das Zuhören ist“, erklärt Kuenz. „Und man darf mir glauben, dass es durchwegs spannende Leute mit interessanten Lebensgeschichten sind, die uns aufsuchen.“

Manchmal sind nur zwei Menschen zu Gast, es waren aber auch schon fünfzehn, die es sich an den vier Tischen für ein paar Stunden gemütlich gemacht haben. Das Angebot umfasst neben einfacher Verpflegung auch Gesellschaftsspiele, dazu liefern einige Zeitungen kostenlose Ausgaben, und auch ein Internetzugang über WLAN wurde eingerichtet.

„Barrierefreiheit bedeutet in unserem Fall absichtsloses Dasein für wirklich alle“, erläutert die Dekanatsreferentin Anita Webhofer. Die wertvollste Ressource sei heute nämlich „die Zeit“.

Angebot für Menschen ohne andere Möglichkeiten

Die Dekanatskonferenz war im Jänner in der Notschlafstelle der Tiroler Sozialen Dienste in Lienz eingeladen. Dort finden Menschen ohne andere Möglichkeiten zwölf Betten vor. Sie können duschen, erhalten ein Abendessen und ein Frühstück. Nach dem Frühstück müssen sie die Notschlafstelle aber verlassen. „Für den Tag bieten wir jetzt in Zusammenarbeit mit der Caritas-Leiterin Michaela Huber und den Franziskanern einen angenehmen Treffpunkt“, führt der Lienzer Dekan Franz Troyer aus. Eine „warme Stube“ bietet übrigens auch die evangelische Gemeinde in Lienz an, und zwar ganzjährig an den Montagen.

„In unserer Teestube im Franziskanerkloster könnte es nach der Sommerpause auch ein einfaches Mittagessen geben“, hofft Hermann Kuenz auf weitere Unterstützung. Er habe sich bei der Stadtverwaltung und der Bezirksbehörde das entsprechende Einverständnis geholt. Wer selbst Gastgeber sein möchte, kann sich bei Anita Webhofer telefonisch melden: 0676 8730 7889.