Wer als Tiroler durch digitale Portale surft, vermag kaum den Algorithmen zu entgehen, die Landsleute zwecks Verbreitung der Botschaft „Am Fernpass tut sich was“ aufspüren. Wo Regierende eine halbe Milliarde Euro in Verkehrsbändigung investieren, rühren sie auch die Werbetrommel dafür. Doch jede Entschärfung für die Anrainer einer europäischen Engstelle schafft mehr Belastung an einem anderen Nadelöhr. Während sie von Füssen über Reutte bis Nassereith gleichermaßen skeptisch wie prophylaktisch schon ein wenig aufatmen, wächst von Garmisch über Mittenwald bis Scharnitz die vorauseilende Sorge: Weniger Fernpass- schafft zusätzlichen Zirlerberg-Verkehr.

Wer in seiner Schublade für abgewandelte Zitate „Dies Nordtirol ist eine kleine Welt, in der die große ihre Probe hält“ ausnahmsweise hinter „Alles hat mit allem zu tun“ einreiht, muss die bruchgefährdeten Nord-Süd-Flaschenhälse aber mindestens bis Salzburg denken. Dort quälen sich Pendler, Geschäfts- und Urlaubsreisende seit Monaten eingeklemmt zwischen überbordendem Schwertransport über die Tunnelbaustellen der Tauernautobahn. Vielstündige Stauverzögerungen immer wieder inklusive. Das Ganze verschärft durch einen Ansturm auf die Bahn, den die hiesige zwar besser als die nachbarliche, aber noch nicht befriedigend bewältigt. Zudem wirken die Streiks von Lokführern und Flugpersonal in Deutschland international und verstärkend auf den Straßenverkehr.

Das Chaos ist vorprogrammiert

Sobald in Salzburg die Sanierungen beendet sind, steht in Tirol die nächste Reparatur an. Ab 2025 sollte die Luegbrücke auf der Brennerautobahn bis zu zwei Jahre in beide Richtungen nur einspurig befahrbar sein. Chaos programmiert. Transitverlagerung inklusive. Gleichgültig ob Tauern- oder Brennerroute: Wenn dort Verstopfung droht, ist der Durchfall über den Felbertauern bis Lienz vorhersehbar.

Einzelne Ländermaßnahmen wie fürs Außerfern sind wichtig, entlasten aber nur punktuell. Um Mitteleuropas Vertikalstraßenverkehr zu bewältigen, benötigt es konzertierte Aktionen betroffener Regionen. In Österreich sind dies – nach Bevölkerung – die mittleren Bundesländer. Doch während das schwarzrote Tirol und das rotschwarze Kärnten ihre Zusammenarbeit intensivieren, ist die Kooperation mit dem schwarzblauen Salzburg auch in Verkehrsfragen schwieriger als zuvor. Das Ende des „Luft-Hunderters“ war dort das erste blaue Wunder. Es macht den einen oder anderen ein paar Minuten schneller. Doch der Mehrheit auf und an der Autobahn bringt es nichts. Ihr hälfe nur ein gemeinsames Muskelspiel der Transitopfergebiete im Europa der Regionen. Das ist kein Metier der FPÖ.