Haben Sie 2006 schon an Work-Life-Balance gedacht?
Alexander Windbichler: Ich glaube, dass es die Work-Life-Balance damals nicht so als Begriff gegeben hat. Früher waren 40 Stunden Teilzeit und 80 Stunden Vollzeit, was auch für meine ersten Mitarbeiter galt. Es wurde also Tag und Nacht gearbeitet. Zu dieser Zeit identifizierte ich mich mit viel Arbeit, deshalb hätte ich früher über Work-Life-Balance gelacht, weil ich etwas erreichen wollte und Geld kein Antrieb war.

Werden Sie mit der Work-Life-Balance jetzt mehr konfrontiert?
Dieses Thema betrifft uns sehr stark. Das liegt daran, dass wir unterschiedliche Generationen beschäftigen und die Erwartungshaltungen sich unterschiedlich herausstellen. Als Arbeitgeber kommt auch die Verantwortung hinzu, die jungen und motivierten Leute in ihren Anfangsjahren nicht zu überarbeiten.

Schließen Sie sich der Meinung von Vertretern anderer Branchen an, dass ältere Menschen arbeitswilliger sind?
Früher hieß es, dass ältere Menschen diejenigen sind, die tendenziell weniger belastbar sind, wodurch man sie auch nicht kündigen konnte. Ich muss allerdings gestehen, dass sich das nie bewahrheitete. In der Unternehmerlandschaft wird verstärkt die Aussage getätigt, dass die Generation Z nicht arbeiten will. Wir stellen aber trotzdem Leute an, die dieser Generation angehören. Man merkt hingegen einen großen Unterschied an der Einstellung, je nachdem aus welcher Schule die Leute kommen. Ich würde aber nicht sagen, dass die Generation Z nicht mehr arbeiten will. Es wird in der Gesellschaft ein anderes Bild geprägt, das nicht der Realität entspricht.

Denken Sie, dass Homeoffice die unterschiedlichen Altersklassen mehr oder weniger betroffen hat?
Es hängt vom Berufsbild ab. Ein Drittel unserer Leute gehen gerne ins Büro, ein anderes Drittel hätte am liebsten nur Homeoffice und ein weiteres Drittel bevorzugt die Mischform. Es ist egal, wie alt die Leute sind. Zudem gibt es Menschen, die 20 Jahre alt sind und unbedingt in einem Büro arbeiten wollten. Es handelt sich hier eher um persönliche Präferenzen.

Fast überall fehlen derzeit Arbeitskräfte. Liegt das an den Bewerbern oder machen die Unternehmen etwas falsch?
Früher haben die Leute gesagt: Du gewinnst nur einen Auftrag, wenn du Anzug und Krawatte trägst. Zwischen 2010 und 2015 sind dann selbst die spießigsten Unternehmen liberal geworden. Banken fordern keine Krawatte mehr. Sie haben Employer Branding Portale eröffnet. Ab 2012 hat das stark zugenommen. Jene, die sich nicht anpassten, bekamen auch keine Bewerber. Allerdings bekamen auch die, die keine spannenden Aufgaben hatten, keine Bewerber. Unternehmen wie wir haben auch einen Arbeitskräftemangel, vor allem aber an richtigen Leuten.

Wie kann man junge Menschen anziehen?
Wir verankern, dass wir ein sehr technisch orientiertes Unternehmen mit vielen Freiräumen sind. Wir haben auch ein Gesamtpaket an flexiblen Arbeitszeiten und Homeoffice. Man kann sich bei uns aussuchen, wie viel man remote arbeitet. Außerdem haben wir Projekte, die den Mitarbeitern eine riesige, technische Spielwiese bieten.

Schafft man es so, die Leute zu halten?
Bei uns gibt es Bonusprogramme, wenn du lange Teil der Firma bist. Es gibt auch sehr viele, gute Leute, die vorher öfters den Job gewechselt haben und bei uns sehr zufrieden sind. Du musst dich in deiner Kultur mit deren Benefits wohlfühlen. 

Hat sich Ihr Unternehmen im Laufe der Jahre an die Jugend anpassen müssen?
Ich würde sagen, wir gaben eher den Sachen den richtigen Namen. Was wir früher Kernarbeitszeit nannten, heißt jetzt flexible Arbeitszeit. Meine Einstellung hat sich allerdings geändert, das prägt das Unternehmen natürlich auch. Nicht die ganze Zeit zu arbeiten, sondern die Konzentration auf den Output bringt uns wesentlich weiter. Erholungsphasen und Urlaub sind wichtig, das war früher nicht so. Es sollte eine Partnerschaft auf Augenhöhe sein. Wenn man es verinnerlicht hat, macht es auch Spaß und es wird ein gutes Miteinander.

Was haben Sie sich am Anfang von der Wirtschaft erwartet?
Meine Erwartungshaltung war, dass es viele ähnlich gepolte Menschen gibt und die Wirtschaft produktorientiert funktioniert. Schon 2006 war man sehr gewinnorientiert, man brauchte einen Businessplan. Ich war damals aber eher der Pragmatiker und habe Wirtschaft auf dem harten Weg erlernt. Ich bin jedoch froh, dass ich so naiv in die Wirtschaft gestartet bin. Man muss nämlich so viel beachten, dass die Angst oft hemmend wirkt, anstatt Ansporn ist.

Ist ein Studium noch wichtig oder sollte man direkt in die Arbeitswelt einsteigen?
Ich vertrete die Meinung, dass man nicht studieren gehen muss. Von größter Bedeutung bleibt die Arbeit, die einen begeistert und die man sein Leben lang ausüben kann.