Der Termin hätte nicht besser gewählt werden können. Am heutigen Krampustag stimmte der Klagenfurter Gemeinderat über die Abberufung von Magistratsdirektor Peter Jost mit 31. Dezember 2023 ab. Der entsprechende Antrag wurde von allen im Gemeinderat vertretenen Parteien, mit Ausnahme der ÖVP, mitgetragen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit 37 zu 7 Stimmen beschlossen. Ein Gemeinderat hatte während der Abstimmung den Saal verlassen. Darüber hinaus wurde Jost aus allen Funktionen, die er für die Stadt bekleidet - er sitzt unter anderem im Aufsichtsrat der Stadtwerke - abberufen. Sein Stellvertreter Stéphane Binder soll bis zur Bestellung eines neuen Magistratsdirektors seinen Platz einnehmen.

Bereits vor der Sitzung wurde der in Ungnade gefallene Jurist vom Stadtsenats mit sofortiger Wirkung vom Dienst freigestellt - bei vollen Bezügen. Begründung: Sowohl die Politik als auch die breite Öffentlichkeit hätten das Vertrauen in ihn verloren. Zudem wurde ein Hausverbot für alle Amtsgebäude der Landeshauptstadt verhängt.

Jost erhebt schwere Vorwürfe gegen Scheider

Am Ende stolperte Jost, der seit 1983 im Dienste der Stadt steht, über die sogenannte „Spitzelaffäre“: Die Magistratsdirektion hatten den gesamten Mailverkehr der Domain klagenfurt.at durchsuchen lassen, um herauszufinden, wer interne Unterlagen - unter anderem die Überstundenabrechnungen des Magistratsdirektors - an die Öffentlichkeit gebracht hatte.

In einem Schreiben an Bürgermeister Christian Scheider (TK), das heute im Rathaus kursierte, bezog Jost Stellung. Die angeführten Gründe für den „konstruierten Vertrauensverlust“ und damit für Dienstfreistellung und Abberufung seien aus der Luft gegriffen. „Die Verlängerung meines Dienstvertrags ist am 20. Dezember 2022 rechtskonform zustande gekommen und war ausdrücklich von Dir gewünscht“, schreibt Jost.

Ein Twist zum Ausgangspunkt der Causa: jenen Tag, als Scheider seinen Dienstvertrag eigenmächtig auf unbestimmte Zeit verlängerte. Unbestätigten Gerüchten zufolge, um den Umzug des Villacher Magistratsdirektors Christoph Herzeg, einem engen Vertrauten von Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ), ins Klagenfurter Rathaus zu verhindern. Gemäß der am 20. Dezember getroffenen Vereinbarungen könne er, Jost, nur zum Jahresende, frühestens am 31.12.2025, gekündigt werden. „Das bedeutet, dass mein Dienstverhältnis frühestens zum 31.12.2026 aufgelöst werden kann.“

Der Jurist legt noch nach: 2013/2014 sei er Scheider bei der Beendigung der Causa Jost 1 („wohl eigentlich Causa Scheider 1“) entgegengekommen. „Du hast mich und meine Familie über einen Zeitraum von vier Jahren (2009 bis 2013) grundlos gequält und gedemütigt. Du hast mir damals gesagt, Du weißt, dass ich mir nichts zu Schulden kommen habe lassen. Trotzdem könne ich nicht Magistratsdirektor bleiben, weil Du sonst Dein Gesicht verlierst. […] Ich verstehe nicht, warum Du mich und meine Familie ein zweites Mal völlig grundlos unerträglichen Qualen und öffentlichen Diffamierungen aussetzt.“

Anwalt kündigt Klagsreigen an

„Wir nehmen die Dienstfreistellung zur Kenntnis, es gibt kein Recht auf Beschäftigung“, sagt Josts Anwalt Michael Dietrich auf Nachfrage. Anders die Abberufung: „Nach der Beschlussfassung muss der Bürgermeister einen Bescheid erlassen und dieser ist vor dem Verwaltungsgericht bekämpfbar.“ Das hätte aufschiebende Wirkung, es würde Monate dauern bis der Beschluss, wenn überhaupt, rechtskräftig werden würde. Und dann wäre da noch immer die Dienstvertragsverlängerung, deren Rechtmäßigkeit gerade von der Gemeindeaufsicht geprüft wird.

„Selbst wenn der Bürgermeister die Verlängerung als unzulässiges Organ erlassen hat, erlischt der Vertrag nicht. Wir müssten uns in diesem Fall Gedanken über Schadensersatzansprüche gegenüber der Stadt machen.“ Und nicht nur deswegen: „Wenn ein Bürgermeister Handlungen setzt, die dem Arbeitnehmer gesundheitlichen Schaden zufügen, verletzte ich als Arbeitgeber meine Fürsorgepflicht“, sagt Dietrich und hält fest, was sich viele denken: Dass die Causa in „mehreren Rechtsstreitigkeiten enden wird.“

Scheider bezeichnete Josts Vorwürfe am Dienstagabend als Verdrehung der Tatsachen. „Ich weiß nicht, warum er mir den Vorwurf macht. Wir haben bis zuletzt normal zusammengearbeitet. Gestern habe ich noch einmal versucht, ihm via WhatsApp eine konsensuelle Lösung anzubieten“, sagt Scheider. Er bedauere, dass man die Sitzung habe einberufen müssen, irgendwann sei jedoch genug, man müsse wieder ins Arbeiten kommen.

Mögliche rechtliche Konsequenzen seien bereits in Gesprächen mit Jost und seinem Anwalt Thema gewesen. „Wir wurden vor der Abstimmung rechtlich beraten, die Anwälte haben grünes Licht gegeben.“

„Spitzelaffäre“ und Überstunden

Auf der Tagesordnung des Gemeinderates stand auch ein Bericht des Bürgermeisters zur sogenannten „Spitzelaffäre“. Da laut Scheider 70 Prozent der Auskunftspersonen – es hätten auch Juristen und Datenschutzbeauftragte zu Wort kommen sollen – krankheitsbedingt nicht anwesend sind, wird die Berichterstattung jedoch vertagt.

Zudem präsentierte Kontrollausschussobmann Andreas Skorianz (FPÖ) den Bericht des Stadtrechnungshofes über das Personalleasing im politischen Bereich von März 2021 bis März 2022. Aus dem Bericht geht unter anderem hervor, dass Patrick Jonke, Büroleiter des Bürgermeisters, in einem Jahr 691 Überstunden ausbezahlt bekommen hat. Zuerst hätte dieser Tagesordnungspunkt auch unter Ausschluss behandelt werden soll, schließlich – wohl weil alle Berichte des Stadtrechnungshofes auf der Homepage der Stadt öffentlich einsehbar sind – entschloss man sich jedoch dagegen.