Manche wurden im Stall angekettet und geschlagen, andere mussten auf Knien mit ihren Zahnbürsten den Boden putzen, immer wieder kam der Doktor Wurst: Die Kinder mussten sich ausziehen, dann missbrauchte sie der Primar. Geglaubt hat ihnen niemand.

„In Görtschach waren Sadisten“, sagt Astrid Liebhauser, Kinder- und Jugendschutzanwältin. Liebhauser ist Teil der Opferschutzkommission des Landes. Zwei Jahre lang wurden Jahrzehnte von Gewalt und sexuellem Missbrauch in Einrichtungen des Landes aufgearbeitet. Im Kinderheim Görtschach und in der Heilpädagogischen Abteilung des LKH Klagenfurt wurden Kinder und Jugendliche gequält, geschlagen und geschändet.

948.800 Euro

124 Opfer von damals wurden nun finanziell entschädigt: 948.800 Euro hat das Land insgesamt ausgeschüttet. Bis zu 25.000 Euro konnte ein Opfer bekommen. Doch alles Geld kann die Qualen nicht aufwiegen. Das weiß auch Sozialreferentin Beate Prettner (SPÖ): „Wir können das nicht rückgängig machen. Wollen aber unser Bedauern ausdrücken.“

Tiefe Narben

Die Gewalttaten von damals haben tiefe Narben im Leben der Betroffenen hinterlassen. Einige verfielen dem Alkohol, manche wurden kriminell, viele leiden bis heute unter schweren Depressionen. „Jeder Fall ist auf seine Art schrecklich“, sagt Jugendschutzanwältin Liebhauser. Viele Opfer berichteten der Kommission von einem Teufelskreis. Der Teufel war Franz Wurst. Der „hochgeschätzte“ Primar verging sich an den Kindern in Görtschach. Wenn sie danach psychische Probleme bekamen, wurden sie oft zu ihm in die Heilpädagogische Abteilung gebracht. Dort missbrauchte er sie weiterhin. Wurst wurde erst 2002 wegen seiner Taten verurteilt. Sechs Jahre später starb er.

Doch er war nicht der einzige Täter. Erzieher, der Direktor, der Gärtner: Sie alle schlugen und quälten die Kinder in Görtschach. Viele Taten sind mittlerweile verjährt. Die Opfer können ihre Peiniger nicht mehr belangen.
In einem Forschungsprojekt an der Universität Klagenfurt wird jetzt untersucht, wie es zu den Verbrechen in den Einrichtungen des Landes kommen konnte. Die Erkenntnisse sollen in der Praxis genutzt werden:
Damit ein derartiges System aus Missbrauch und Gewalt nie wieder entstehen kann.