Nicht nur in Kärnten und der Steiermark kämpft man wegen der starken Regenschauer seit der Nacht von Donnerstag auf Freitag gegen die Wassermassen, auch in Slowenien sind zahlreiche Flüsse über die Ufer getreten, Brücken wurden mitgerissen und ganze Orte wurden geflutet. Für den gesamten nördlichen Teil des Landes wurde die höchste Wetteralarmstufe ausgerufen, die Hochwasser reichen bis in die Vororte Ljubljanas.

Auch am Samstag kann keine Entwarnung gegeben werden. In einigen Krankenhäusern herrschen Notsituationen. Die Lage sei ernst, warnte Verteidigungsminister Marjan Šarec. Die Flüsse Save und Drau, aber auch viele kleinere, sorgten für Überschwemmungen. Eine großräumige Evakuierung stand am Nachmittag in der Gemeinde Jesenice an, wo ein Erdrutsch ein Dorf gefährdete. Als Vorsichtsmaßnahme werden die Bewohner von einem Dutzend Straßen die Nacht nicht in ihren Häusern verbringen dürfen.

Vier Todesopfer, mehrere vermisste Touristen

Auch ein weiteres Todesopfer wurde gemeldet. Am Samstag wurde am Ufer des Sava-Flusses in Laibach ein Mann tot aufgefunden, wie die Polizei laut Medienberichten mitteilte. Er soll in der Nähe gelebt haben. Die Umstände weisen darauf hin, dass er durch die Flut getötet worden sei, hieß es. Damit stieg die Zahl der Opfer, die bei den Unwettern umgekommen sind, auf vier Personen.

In der überschwemmten Kleinstadt Kamnik ist am Freitag eine Slowenin ums Leben gekommen, in den Bergen in der Gegend von Kranj starben zwei Niederländer, berichtete die Nachrichtenagentur STA. Die genauen Umstände der Todesfälle würden noch ermittelt, hieß es vonseiten der Polizei. Die Frau in Kamnik dürfte in den Flutmassen gestorben sein, bei den beiden niederländischen Touristen, die seit Donnerstagabend vermisst wurden, geht man von einem Blitzschlag als Todesursache aus. Zudem gelten mindestens fünf Niederländer gelten vorerst als vermisst. Das teilte das Außenministerium dem Radiosender NOS mit, berichtete die Deutsche Nachrichtenagentur dpa. 

Zwei Drittel des Landesbetroffen

Der slowenische Regierungschef Robert Golob sprach von der "größten Naturkatastrophe" in der jüngeren Geschichte des Landes. "Der Schaden ist unvorstellbar, praktisch zwei Drittel des Landes sind betroffen", sagte er. Der Premier berichtete bei einer Pressekonferenz nach der Sitzung des nationalen Sicherheitsrates, der Schaden an Infrastruktur und Gebäuden werde auf mehr als 500 Millionen Euro eingeschätzt. Die Ausrufung eines Ausnahmezustands ist laut Golob vorerst nicht notwendig, da das Katastrophenschutzsystem einwandfrei funktioniere. Darüber hinaus bekam Slowenien von der internationalen Gemeinschaft und Nachbarländern, darunter Österreich, Hilfe angeboten. "Es ist richtig, dass wir jene Hilfe, die wir brauchen können, annehmen, damit wir Slowenien so schnell wie möglich wieder auf die Beine stellen", sagte der Premier.

In den Überschwemmungsgebieten ist die Lage besonders schlimm in der Region Koroška. In der gebirgigen Gegend waren einige Orte von der Außenwelt abgeschnitten oder nur über Kärnten erreichbar. Die Kleinstadt Crna na Koroškem, die in einem engen Tal liegt, ist nach wie vor abgeschnitten, nachdem mehrere Brücken und Straßen zerstört wurden. Die Stadt blieb am Samstag vorerst ohne Strom, Wasser und Telekommunikation, wie der örtliche Zivilschutz meldete. Die Rettungskräfte versuchen mithilfe der Armee, die betroffenen Gebiete zu erreichen. In mehreren Teilen der Region gibt es Probleme mit der Wasser- und Stromversorgung. Muren gefährden zahlreiche Häuser, allein in Dravograd mussten deswegen 150 Menschen evakuiert werden.

Wie die Kärntner Landesregierung mitteilte, wurde die Versorgung der Orte Solcava, Luce und Ljubno vom Roten Kreuz und dem Landeskrisenstab Kärnten organisiert. Mittlerweile bereitet auch der Pegelstand der Save immer größere Sorgen, auch bei den Nachbarn in Kroatien.

Überschwemmungen am Freitag

Im Grenzgebiet zu Kärnten ist die Lage extrem kritisch. In Ljubno wurden vier Häuser zerstört, mehrere tausend Menschen mussten evakuiert werden. Die Kleinstadt Škofja Loka steht praktisch komplett unter Wasser. Murenabgänge erschweren die Einsätze. In einigen Orten ist das Trinkwasser verschmutzt, auch Stromausfälle machen Anwohnern und Einsatzkräften das Leben zusätzlich schwer.

Aus einem Kindergarten in Menges eine knappe halbe Fahrstunde nördlich von der slowenischen Hauptstadt Ljubljana rettete die Feuerwehr am Freitag 22 Kinder.

Glück im Unglück hatte eine Frau, die mit ihrem Auto in den Fluten auf Straße Holmec-Poljana gefangen war. Mehrere Menschen eilten mit der Ausrüstung zufällig anwesender Bergsteiger zu Hilfe.

In der Gemeinde Komenda wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Die Bevölkerung wurde dazu aufgerufen, ihre Häuser nicht zu verlassen und auf Hilfe zu warten. Auch der historische Ort Šoštanj steht unter Wasser.

Besonders schlimm war die Lage auch im Nordosten: Die Ortschaften Solčava und Luče im Oberen Savinja-Tal waren komplett abgeschnitten. Die Behörden riefen die Bevölkerung auf, sich in obere Stockwerke zurückzuziehen, auch dort wurde Hilfe mit Militärhubschraubern angefordert. Auch Medvode nördlich von Ljubljana ist überflutet. 

Kärntner Hilfe

Slowenien ersuchte das Land Kärnten, seine medizinischen Einrichtungen für die etwaige Versorgung von Bewohnern aus der betroffenen slowenischen Nachbarregion zur Verfügung zu stellen.

Die Drau stieg auch flussabwärts rund um die Stadt Maribor über die Ufer. Eine weitere Flutwelle bedrohte die Stadt Celje.

Entspannung war vorerst keine in Sicht, laut dem slowenischen
Wetterdienst werden starke Regenfälle in den nächsten 24 Stunden
erwartet. Der Regen weitete sich mittlerweile auch im Süden und
Südosten des Landes aus, womit die höchste Alarmstufe nunmehr für
fast das gesamte Nachbarland gilt.

Die Unwetterfront hat sich zudem mittlerweile auf Kroatien ausgebreitet. Aufgrund des Anstiegs des Wasserspiegels der Flüsse Save und Kupa wurde die Wasserscheide Prevlaka geöffnet, mehrere Rückhalte- und Überlaufbecken sind nahe ihrer Kapazitätsgrenzen.