Am Dienstagvormittag setzte sich auf der Kaiser-Franz-Josef-Höhe ein besonderer Trauerzug in Bewegung. Von uns gegangen ist kein Mensch, sondern – aktuell noch symbolisch – die Pasterze. Österreichs größter Gletscher ist laut Prognosen aus der Wissenschaft nicht mehr zu retten und wird Stück für Stück verschwinden. "Die Pasterze wird früher als gedacht ihre Zunge verlieren und nicht mehr Österreichs größter Gletscher sein. Wir verlieren damit nicht nur eine alpine Naturschönheit, das Abschmelzen des Gletschers hat für uns alle gravierenden Folgen", sagte Domprobst Engelbert Guggenberger, der das Requiem gemeinsam mit der evangelischen Pfarrerin Mar­git Leut­hold aus Lienz hielt.

Das Verschwinden des Gletschers sei nicht nur ein großer Verlust für die Gegenwart, sondern vor allem auch eine schmerzliche Minderung der Lebensqualität der zukünftigen Generationen. Es benötige daher "eine neue gesellschaftliche Debatte darüber, welchen Lebensstil wir in Zukunft brauchen und wollen", sagte Guggenberger. 

Der Trauermarsch für die Pasterze
Der Trauermarsch für die Pasterze © EXPA/Groder

Auch Vertreter der Parlamentsklubs im Nationalrates waren zur Veranstaltung eingeladen. Das Verschwinden der Pasterze hinterlasse große Spuren. "Sie ist der menschengemachten Klimakrise zum Opfer gefallen. Über Jahrtausende prägte das 'Ewige Eis' unsere Landschaft, doch heute bleibt nur Schutt und Sand übrig. Der Anblick erinnert an eine Wüste, nicht an einen Gletscher", Grünen-Umweltsprecher Lukas Hammer, der beim Requiem vor Ort war. Die Grünen können sich mit ihrem Regierungspartner weiterhin nicht auf ein neues Klimaschutzgesetz.

Seen könnten sich bilden

Bis spätestens im Jahr 2100 werden von der Eisfläche der Pasterze maximal noch wenige Prozent vorhanden sein. So sagen es Modellierungen von Schweizer Forscher voraus. Die charakteristische Zunge dürfte schon bald verloren gehen. Für die Natur kann eine Gletscherschmelze große Auswirkungen haben. "Die dann offen gelegten Sedimente können durch Niederschlag mobilisiert werden, Hochwasserereignisse können negativ beeinträchtigt werden, Muren können größere Reichweiten erzielen", sagt Gletscherforscherin Andrea Fischer von der Akademie der Wissenschaften.

Im Fall der Pasterze kann man damit rechnen, dass die Vegetation zurückkommen wird. An zwei Stellen werden sich laut Prognosen Seen bilden. "Die Situation ist noch besser als bei anderen Gletschern, wo alles ungebremst in die Gewässer geht", sagt Fischer.

Entstanden ist die Pasterze vor rund 6000 Jahren. Wie Funde zeigen, sind hier davor Bäume gewachsen. "Das ist aber keine Verharmlosung des Klimawandels", sagt Fischer. Was die erhöhten Temperaturen betrifft, sei man aktuell in einem Durchgangsstadium, dass sich mindestens in den nächsten 30 Jahren nicht mehr verändern wird. Was darüber hinaus geht, könne schwer prognostiziert werden. "Man kann nie genau sagen, wie die Natur reagiert", sagt Fischer.