Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser bleibt SPÖ-Chef. Der Landesparteivorstand sprach ihm am Dienstag einstimmig das Vertrauen aus, bestätigte dessen Sprecher noch während der Sitzung der APA. Für Kaiser habe es sogar Standing Ovations gegeben.

Kaiser hatte sich nach den kräftigen Stimmeneinbußen bei der Landtagswahl dem Gremium gestellt, "weil das bei einem so starken Minus so üblich ist", wie er im Vorfeld sagte. Bei der Wahl am Sonntag war die SPÖ auf 38,92 Prozent der Stimmen gekommen - ein Minus von 9,02 Prozentpunkten gegenüber 2018, sie bleibt aber weiter unangefochten auf Platz 1.

Bereits vor der Vorstandssitzung hatten sich Vertreter der Landespartei solidarisch mit dem Landeshauptmann gezeigt. Landtagspräsident Reinhart Rohr (SPÖ) etwa meinte, es gebe keine Notwendigkeit einer Personaldebatte. Auch Gerüchte, wonach Landesgeschäftsführer Andreas Sucher, ein enger Vertrauter Kaisers, der dessen volles Vertrauen genießt, ausgetauscht werden könnte, wurde eine Absage erteilt. Auch der Klagenfurter Vizebürgermeister Philipp Liesnig hielt vor der Sitzung ein Köpferollen für unwahrscheinlich. Man werde das Ergebnis sachlich analysieren. Um 10.00 Uhr trafen sich die Vorstandsmitglieder in der Parteizentrale in Klagenfurt. Eine für 12 Uhr anberaumte Pressekonferenz wurde mittlerweile nach hinten verschoben. Es gibt offensichtlich längeren Diskussionsbedarf.

Betroffen vom Wahlergebnis

Peter Kaiser, seit zehn Jahren im Amt, war sichtbar tiefst betroffen vom Wahlergebnis ("so haben wir ihn noch nie gesehen'", sagen enge Vertraute). Er nahm die gesamte Verantwortung auf sich; was manche in der Partei nicht verstehen können, habe doch auch die Bundespartei mit den Debatten um Parteichefin Pamela Rendi Wagner mit Anteil am Minusergebnis.  

Ingo Appé Bundesrat und Bürgermeister (Ferlach) deponierte am Montag im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: "Über Kaiser wird sicher nicht diskutiert. Denn einen Besseren haben wir nicht." Punkt. Kaiser hatte am Wahlabend mit manchen Formulierungen aufhorchen lassen, sagte dann aber in der ZiB2, dass er nicht an Rücktritt denke und dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem halben Jahr noch Parteichef sei.

Die SPÖ war seit 2013 erfolgsverwöhnt. Wenn's gut läuft, wird nicht viel diskutiert. Jetzt aber laufen die Analysen auf Hochtouren. Wurden das Flughafen-Thema, die immer noch präsente Kritik in der Bevölkerung an der Corona-Impfpflicht, die Turbulenzen rund um Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner für die Kärnten-Wahl unterschätzt?

Arbeiterkammer-Präsident Günther Goach zählt zum engen Kreis rund um Landeshauptmann Peter Kaiser, war 2018 im Koalitions-Verhandlungsteam der SPÖ. Er saß Sonntagnachmittag in der Parteizentrale hinter verschlossenen Türen in kleiner Gruppe mit Pamela Rendi-Wagner, Jörg Leichtfried, dem Kärntner SPÖ-Regierungsteam und Wahlkampfleiter Andreas Sucher an der Seite von Peter Kaiser, als sich das hohe Minus-Ergebnis, "die klare Niederlage", abzeichnete. "Landeshauptmann Peter Kaiser hat einen guten Job gemacht, Kärnten hat sich gut entwickelt", sagt Goach. "Es verliert nicht einer. Wir alle sind die Verlierer."  In Zeiten der Teuerungswelle, von Unsicherheiten, den Folgen des Ukraine-Krieges werden Regierende abgestraft, das zeige sich generell.

"Schönes Ergebnis"

Doch Goach sagt auch, ohne "etwas schönreden zu wollen: Die 38,9 Prozent sind ein schönes Ergebnis".  Er vergleicht es mit den 37,6 Prozent bei der Landtagswahl 2013, als die SPÖ Nummer eins wurde und die Freiheitlichen ablöste, "und wir alle über die 37,6 Prozent gejubelt haben". Der Abstand zur zweitstärksten Fraktion, der FPÖ, betrage jetzt knapp 15 Prozent. Ein Rumoren in der Partei gebe es nicht, es gehe nicht um Kaiser, davon ist Goach zutiefst überzeugt.

Zukunftsthemen fehlten

Von Goach wie Appé kommt jedoch Kritik am SPÖ-Wahlkampf: Der Kärnten-Bonus "ging nicht so richtig über die Rampe", Verbesserungen in der Wohnbauförderung seien zu wenig gut bzw. zu kompliziert transportiert worden. Das Impfpflichtthema, die Kritik in der Bevölkerung daran, das habe man wohl unterschätzt, so Goach.

Appé sagt auch: "Wir haben auf das Zugpferd Peter Kaiser gesetzt, aber übersehen, der Bevölkerung Perspektiven und Visionen für die nächsten Jahre zu liefern." Genau in diesen Punkt hakt Landesrat Daniel Fellner ein, der früher als Landesgeschäftsführer für SPÖ-Wahlkämpfe verantwortlich war. "Das Minus-Ergebnis liegt daran, dass die Leute nicht die geleistete Arbeit bewerten, sondern weil das Bild, das für die Zukunft gezeichnet wird, bei uns zu kurz gekommen ist. Zukunftsthemen haben gefehlt." Bei der Landtagswahl 2013 setzte die SPÖ auf Mietensenkung als Zukunftsthema, 2018 auf Kärnten als kinderfreundlichstes Land Europas. Fellner zeigte sich "zu hundert Prozent überzeugt ist, dass Peter Kaiser an der Regierungsspitze bleibt".

"Herzen und Köpfe der Menschen erreichen"

"Eine Wahl verliert man, wenn man es nicht schafft, die Herzen und Köpfe der Menschen zu erreichen", sagt Günther Albel, Bürgermeister der Stadt Villach und SPÖ-Chef in der Draustadt, zu den starken Verlusten der SPÖ. Er plädiert, wie andere in der Partei, für eine "tiefgehende Analyse, wo man besser werden muss und was schiefgelaufen ist".

Der Klagenfurter Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ) sieht das ähnlich, während der Hausbesuche hätte sich jedoch schon eine Gemengelage an Problemstellungen gezeigt, die der SPÖ geschadet hätten: "Das Asylthema und die Teuerung, der fehlende Rückenwind der Bundesseite, und dass der Zwist um die Flughafen-Call-Option deutlich mehr Wirkung entfaltet hat als vermutet", das alles "hat uns in Summe die Verluste eingebracht." Auch Albel schließt nicht aus, dass "der Flughafen auch für unsere Wähler ein Thema war, für die ÖVP-Kernwähler jedenfalls".

Für beide Stadtpolitiker, Albel und Liesnig, steht Kaiser außer Streit. Er sei "der Wunsch-Landeshauptmann der Kärntner", sagt Albel. Liesnig zeigte sich im Gespräch mit der Kleinen Zeitung aber "überzeugt, dass Peter Kaiser die Erneuerung einleiten" werde. Es sei "unbestritten", dass diese erforderlich sei, meint Liesnig. Kaiser sei "für das Land und die Partei eine ganz wichtige Identifikationsfigur, dass es da nun frischen Wind, inhaltlich und personell, braucht", sei "offensichtlich", so Liesnig weiter. "Peter Kaiser braucht eine gewisse Verstärkung, er kann nicht auf Dauer alles allein stemmen."

Schaar in den Bundesrat

Aus dem Bundesrat, wo die SPÖ derzeit drei Mandate und künftig nur noch zwei Sitze hat, scheiden Ingo Appe und Günther Novak aus Altersgründen aus, das ist bereits länger kommuniziert. Das dritte Mandat besetzt noch Nicole Riepl. Sie dürfte nicht verlängert werden. Denn zu hören ist, dass Landesrätin Sara Schaar in die Länderkammer wechseln soll und Manfred Mertel als Seniorenvertreter den zweiten Sitz bekommt.