"Wir erwarten heuer wieder mehrere Schwerverletzte in unserer Abteilung", befürchtet Yosuf El-Shabrawi, Leiter der Augenabteilung und Optometrie im Klinikum Klagenfurt. In den vergangenen Jahren gab es in der Klagenfurter Augenheilkunde zwar keinen Schwerverletzten aufgrund von Böllern, dies hatte aber mit den Covid-19-Maßnahmen zu tun. El-Shabrawi: "Vor der Pandemie verzeichnete man in Österreich im Durchschnitt 90 Schwerverletzte, in Kärnten drei. In den letzten zwei Jahren zählte man 30 Verletzte österreichweit, in Kärnten hatten wir in diesem Zeitraum zum Glück keinen Patienten, der durch Böller sein Augenlicht verlor. Das könnte sich heuer wieder ändern", meint der Primarius.

Primar Yosuf El-Shabrawi
Primar Yosuf El-Shabrawi © Markus Traussnig

Mit Kindern über Gefahren sprechen

Ähnlich sieht das Johannes Schalamon, Abteilungsvorstand der Kinder- und Jugendchirurgie im ELKI: "Auch in unserem Bereich gab es in den beiden Pandemiejahren einen signifikanten Rückgang bei Böllerverletzungen. Wir Kinder- und Jugendchirurgen rechnen aber heuer wieder mit einem deutlichen Zuwachs der Fallzahlen zu Silvester." Besonders oft betroffen von Verletzungen sind Buben zwischen 8 und 15 Jahren. "Für sie haben Böller bzw. Knaller eine besondere Faszination", so Schalamon, der betont, dass es meistens nichts nütze, den Kindern das Schießen zu verbieten. "Stattdessen könnten Eltern viel für die Sicherheit ihrer Kinder tun und mit ihnen etwa schon im Vorfeld über die Gefahren beim Umgang mit Böller und Feuerwerkskörper sprechen", sagt der Abteilungsvorstand der Kinder- und Jugendchirurgie. Schalamon betont: "Feuerwerk und Böller gehören nicht in Kinderhände! Sollen tatsächlich Feuerwerkskörper verwendet werden, dann von Erwachsenen. Strikt vermeiden sollte man jedenfalls das 'Herumbasteln' oder auch das erneute Zünden von Blindgängern."

Primar Johannes Schalamon
Primar Johannes Schalamon © Helmuth Weichselbraun

Lauter als Düsenjet

Doch Böller gefährden nicht nur diejenigen, die sie unsachgemäß zünden. "Auch Menschen, die zufällig in der Nähe sind, können Schaden erleiden", macht Martin Wernig, Oberarzt an der Hals-Nasen- und Ohrenabteilung im Klinikum aufmerksam. So erleiden jährlich rund 1000 Menschen in Österreich durch Böller und Co mit Druckspitzen bis zu 150 Dezibel ein akutes Hörtrauma. Zum Vergleich: Presslufthämmer erreichen 100 Dezibel, die menschliche Schmerzgrenze liegt bei 130 Dezibel. 140 Dezibel entsprechen indessen der Lautstärke eines startenden Düsenjets in 25 Metern Entfernung. „Obwohl sich die Druckspitzen von bis zu 150 Dezibel beim Böllerschießen in einem Zeitraum von nur 20 Millisekunden abspielen, kann die einwirkende Energie bereits zu irreversiblen Schäden an den Haarzellen des Innenohrs führen", so Wernig. Symptome sind meist ein plötzlich auftretender Hörverlust, oft zusammen mit Tinnitus.

Der HNO-Experte rät daher zum Abstand halten sowie zum Tragen von Ohrstoppel als Schutz.

Oberarzt Martin Wernig
Oberarzt Martin Wernig © Markus Traussnig