Wie bei einem Erdbeben begann es in der riesigen Kaverne des mächtigen Reißeck-Bergmassivs zu vibrieren. Mit einem mächtigen Rauschen schossen erstmals hunderte Kubikmeter Wasser pro Sekunde durch das Drehrohr und trieben die Antriebsturbinen auf 100 km/h an. So startete das modernste Pumpspeicherkraftwerk Europas, das Kraftwerk Reißeck II, im Mölltal Freitagmittag seinen Betrieb.

Wie in einer Fernsehshow drückten dafür Vizekanzler und Energieminister Reinhold Mitterlehner, Verbundchef Wolfgang Anzengruber, Landeshauptmann Peter Kaiser, Kelag-Vorstand Armin Wiersma, Energie-AG-Vorstand Leo Windtner unter Anleitung von Bauleiter Markus Larcher vom Buzz-Knopf aus das Signal. Mitterlehner, Anzengruber und Kaiser verwiesen auf die Bedeutung des Kraftwerkes für das Pariser Klimaabkommens, die erneuerbare Energie weiter auszubauen. Der Vizekanzler und der Verbundchef waren überzeugt, dass das Werk langfristig rentabel sein werde.

Politik- und Wirtschaftsprominenz bei der Eröffnung
Politik- und Wirtschaftsprominenz bei der Eröffnung © Adolf Winkler

Anzengruber erwartet, dass in absehbarer Zeit hundert Prozent der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien verfolgen werde. Der Wasserkraft komme dabei in Österreich die größte Bedeutung zu. Derzeit setzen die niedrigen Stromhandelspreise allen Energieerzeugern zu. Für den Regelausgleich sei Reißeck II aber enorm wichtig.

Speicher-Kraftwerk Reißeck II in Betrieb genommen

Investition von 400 Millionen Euro

Es ist eine gigantische Wasserschaukel in den Gebirgstiefen der Hohen Tauern, welche das Großkraftwerk Malta/Kölnbreinsperre mit dem Kraftwerk Reißeck vebindet. Zwei Pumpturbinen in einer riesigen Kaverne erhöhen die Leistung der bestehenden Kraftwerke um 40 Prozent von 890 auf 1320 MW. Genug, um 215.000 Haushalte mit Strom zu versorgen. Um in den getrieben Stollen Wasserverluste zu bändigen, wurden 5000 Betonanker bis zu zwölf Meter tief ins Gestein injiziert, was ein Jahr Zeitverzug bedeutete.

© Adolf Winkler

400 Millionen Euro wurden in das Kraftwerk Reißeck II investiert, die Kosten teilen sich gemäß ihrer Beteiligung an dem Projekt Verbund  und Kelag zu je 45 Prozent und die oberösterreichische Energie AG mit zehn Prozent. Noch ehe das Werk offiziell in Betrieb geht, steht es schon unter massivem Kostendruck. Weil die hoch subventionierte Energie aus deutschen Wind- und Fotovoltaikanlagen die Stromspitzenlasten kappt, sinkt die Rentabilität der genau für diese Spitzenlasten gebauten Pumpspeicherkraftwerke empfindlich. Die Kelag musste bereits eine Wertberichtigung auf Reißeck II vornehmen.