Fast täglich werden Pensionisten von Telefonbetrügern abgezockt. Dieser Fall hat aber eine neue Dimension: Ein 89-jähriger Mann aus Klagenfurt übergab einem falschen Polizisten Goldmünzen im Wert von – sage und schreibe – 760.000 Euro. Die Betrüger haben den berühmt-berüchtigten Tochter-Sohn-Trick angewandt und den betagten Mann damit vollkommen verängstigt und verwirrt. Einer der Täter konnte durch einen DNA-Treffer ausgeforscht werden und muss am Donnerstag vor Gericht.

„Herr Braun“ holte das Gold

Wie kam es zu dem schweren Betrug? Anfang Februar dieses Jahres erhielt das Opfer, ein wohlhabender Pensionist, einen Anruf auf seinem Festnetzanschluss. Am anderen Ende der Leitung war laut Anklageschrift „eine Person, die sich mit tränenreicher Stimme als Sohn des 89-Jährigen ausgab“. Der falsche Sohn behauptete, er habe einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem jemand getötet wurde. Der 89-Jährige war schockiert. „Doch noch bevor er reagieren konnte, wurde der Anruf beendet“, heißt es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Klagenfurt. Wenig später klingelte erneut das Telefon. Diesmal war ein falscher Kommissar in der Leitung und tischte eine aberwitzige Lügengeschichte auf. Er sagte, von der Staatsanwaltschaft Wien sei für den Sohn eine Kaution von 80.000 Euro festgesetzt worden. Wenn der Vater zahle, werde der Sohn nicht inhaftiert. Im Falle einer bewiesenen Unschuld würde er das Geld zurückbekommen. Aber jetzt müsse gehandelt werden. Ein „Herr Braun“ würde das Geld abholen kommen. „Der Täter sagte dem Pensionisten, dass er das Telefonat nicht beenden dürfe und dass es noch besser wäre, mehr als die 80.000 Euro zur Verfügung zu stellen.“

Der 89-Jährige war offenbar völlig überfordert und machte sich große Sorgen um seinen Sohn. Er legte nicht auf und ging in seiner Verzweiflung sofort zu seiner Hausbank, dort holte er Goldmünzen im Wert von 760.000 Euro aus seinem Schließfach. „Dann fuhr er mit dem Taxi zurück nach Hause, wo noch immer der Anruf am Festnetzanschluss aktiv war“, schreibt die Staatsanwaltschaft. Der Kommissar teilte dem Mann mit, dass „Herr Braun“ schon zur Wohnung unterwegs sei. Bald darauf läutete der falsche Herr Braun an der Türe des 89-Jährigen. Dort übergab ihm der Pensionist „umgehend eine Tasche samt den Goldmünzen“. Fünf Minuten später kam jedoch der vermeintlich in einen Unfall verwickelte Sohn in die Wohnung des Pensionisten – wohlauf und unfallfrei. Da wurde Vater und Sohn klar, dass der Pensionist „ein Opfer von dreisten Betrügern“ ist.

DNA-Treffer

Die Polizei wurde informiert und der Täter konnte ausgeforscht werden. Was in solchen Fällen nicht oft vorkommt. Auf der Türklingel des Opfers war aber eine DNA-Spur von „Herrn Braun“. Und siehe da. Bei der Auswertung der DNA gab es einen Volltreffer – nämlich eine Übereinstimmung – in der Datenbank. „Herr Braun“ war DNA-mäßig in Europa erfasst. Denn er hatte bereits in der Vergangenheit in Deutschland auf ähnliche Weise Geld erbeutet und wurde 2018 verurteilt. Auch in diesem Fall fungierte er als Abholer eines betrügerisch herausgelockten Betrages bei einer Enkel-Trick-Betrugsmasche, steht in der Anklageschrift.

Der Angeklagte ist 23 Jahre alt und stammt aus Polen. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Er machte bislang keine Angaben zum Sachverhalt, heißt es von der Anklagebehörde. Das Gold dürfte weg und nicht mehr auffindbar sein. Dem Mann droht nun eine hohe Gefängnisstrafe. Philipp Tschernitz, der Anwalt des Angeklagten, sagt: „Mein Mandant wird ein Geständnis ablegen. Er ist nur ein kleines Rädchen in einem großen Betrugssystem.“ Laut Anklage sind die Mittäter und Hintermänner des Betrugs unbekannt.