Mit Margit Kraker wird erstmals eine Frau dem Rechnungshofes vorstehen. Die Juristin, die seit 2013 an der Spitze des steirischen Landesrechnungshofes steht, gelobt politische "Äquidistanz". Die Opposition wartet auf den Wahrheitsbeweis, ist Kraker doch langjähriges Mitglied des steirischen Arbeitnehmerbundes der ÖVP (ÖAAB). Kraker war eine der engsten Vertrauten von ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer während der ersten acht Jahre der zehn Jahre währenden steirischen "Reformpartnerschaft" (2005 - 2015).

Als Büroleiterin des damaligen Landeshauptmann-Stellvertreters werkte Kraker seit dem Jahr 2000 an seiner Seite. Zuvor hatte die Juristin als Universitätsassistentin in Graz, später als Parlamentsjuristin im ÖVP-Klub in Wien Erfahrungen gesammelt. Während ihrer Zeit im Büro Schützenhöfer war sie gleichzeitig Landesamtsdirektor-Stellvertreterin und lernte in dieser Funktion die Welt die Verwaltung von innen kennen. Seit 2013 ist sie Leiterin des steirischen Rechnungshofes - insbesondere die Grünen hatten damals ihren Wechsel direkt aus dem Nahebereich der Politik in das höchste Kontrollorgan des Landes kritisiert.

Parteipolitisch war Margit Kraker nie selbst aktiv, und in ihrer Zeit als Rechnungshofchefin gab es zahlreiche kritische Prüfberichte, in denen auch die Verantwortung von ÖVP-Ressorts aufs Korn genommen wurde.

Was die ruhige und kompetente Frau, die lange (und gerne) im Schatten werkte, auszeichnet, ist ihr Organisationstalent, ihre Zielstrebigkeit und ihre Geradlinigkeit. Sie sagt, was Sache ist - eine seltene Tugend im Umfeld der hohen Politik. Im Team mit der seinerzeitigen Bürochef von Schützenhöfers Gegenüber, Franz Voves' Büroleiterin Brigitte Scherz-Schaar, war sie das Rückgrat der Strukturreformen. Mit ihrer ruhigen, unaufgeregten Art sorgte sie dafür, dass Umsetzungsschwierigkeiten im Vorfeld erkannt und unterschiedliche Auffassungen im direkten Gespräch bearbeitet und in einen Kompromiss übergeführt wurden.

Als Büroleiterin von Landesrat Schützenhöfer blieb sie im Hintergrund, als Teil des sechsköpfigen Führungsteams der Reformpartnerschaft (LH Voves und LH-Vize Schützenhöfer, SPÖ- und ÖVP-Klubchefs sowie die beiden Büroleiterinnen) wurde sie zunehmend nach außen hin sichtbar. Als Rechnungshofchefin trat sie ganz ins Licht und machte sich in den vergangenen drei Jahren auch als oberste Kontrollorin einen schlanken Fuß.

Ihre Reformideen beim Hearing für die Nachfolge des amtierenden Rechnungshofpräsidenten Josef Moser:

  • Kompaktere Berichte
  • Einrichtung eines Reformausschusses im Nationalrat unter Beiziehung des RH
  • Präsenz als Impulsgeber für die Verwaltung
  • Ausweitung der Prüfkompetenz für öffentliche Unternehmen

Der Weg nach Wien ist endgültig der Sprung in die erste Reihe und wird Margit Kraker das abverlangen, was ihr am schwersten fällt: Sich selbst in die Auslage zu stellen und nicht nur für die Sache, sondern auch als Person mit aller Signal- und Symbolkraft, die sie aufzubringen imstande ist, zu wirken.

Sie selbst traut es sich zu, also traut es ihr auch ihr Umfeld zu. Und das ohne den Aufbau jenes Netzwerks, das üblicherweise den Marsch durch die Institutionen prägt: Aus der Familie schöpft sie die Kraft für den Beruf, die beiden Söhne sind heute erwachsen, der Gatte ist Vizerektor der Pädagogischen Hochschule in Baden. Ihm, einem Mathematiker und Physiker, kommt sie durch den Umzug nach Wien auch physisch wieder näher.

CLAUDIA GIGLER