Die sogenannte Delta-Variante des Coronavirus breitet sich weltweit zunehmend aus. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die erstmals in Indien nachgewiesene Variante als "besorgniserregend" eingestuft, da sie Wissenschaftern zufolge ansteckender ist als die Ursprungsform des Coronavirus SARS-CoV-2. Auch in Österreich und Deutschland warnen Experten, dass sie sich ausbreiten und spätestens im Herbst die dominierende Variante sein könnte.

Bisher dürften etwa sechs Prozent aller Ansteckungen in Österreich auf diese Variante zurückzuführen sein. Laut Ages waren dies zuletzt insgesamt 71 Infektionen. Diese Zahl könnte überschätzt, aber eben auch unterschätzt sein, da nur in Wien derzeit  die verlässlichen PCR-Tests verwendet werden. Eine Sequenzierung ist daher nur begrenzt möglich.

Mit der raschen Verbreitung beginnt auch ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn, wie Studien zeigen, bietet eine einzelne Impf-Dosis nur begrenzt Schutz vor einer Infektion durch die Delta-Variante.

Großbritannien

In manchen Ländern wurde eben genau das zum Problem: In Großbritannien etwa ist Delta, auch unter B.1.617.2 bekannt, inzwischen für 96 Prozent aller Neuinfektionen verantwortlich. Wegen der raschen Ausbreitung hatte der britische Premierminister Boris Johnson die für Montag geplante Aufhebung aller Corona-Restriktionen gar um vier Wochen verschieben müssen. Lediglich zu Hochzeiten sind nun mehr als die bisher genehmigten 30 Gäste zugelassen - sie dürfen aber weiterhin nicht tanzen. Außerdem wurde der Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung verringert, um schneller eine Vollimmunisierung zu erreichen.

Die Maßnahmen sollen nun am 19. Juli enden. Bis dahin sollen möglichst alle Erwachsenen eine erste Impfung erhalten haben - derzeit sind es gut 80 Prozent. Rund 60 Prozent der Erwachsenen sind bereits voll geimpft.

Portugal

Auch in Portugal scheint die Delta-Variante auf dem Vormarsch zu sein  -  vermutlich eingeschleppt durch britische Touristen. In der am Wochenende abgeriegelten portugiesischen Hauptstadt Lissabon sind bereits mehr als 60 Prozent aller neu erfassten Corona-Infektionen auf die Delta-Variante des Virus zurückzuführen.Das sei das vorläufige Ergebnis der bisher im Juni durchgeführten Sequenzierungen positiver Corona-Proben, berichteten die Zeitung "Publico" und andere Medien am Sonntag unter Berufung auf das Nationale Gesundheitsinstitut Insa.

Die Absperrung Lissabons für rund zweieinhalb Tage war wegen einer besorgniserregenden Ausbreitung der Delta-Variante angeordnet worden. Seit Freitagnachmittag und bis Montagfrüh dürfen die gut 2,8 Millionen Menschen mit Wohnsitz in Lissabon die "Area Metropolitana" nur aus triftigem Grund verlassen. Auswärtige dürfen nur in Ausnahmefällen einreisen. Ob die Absperrung an den nächsten Wochenenden wiederholt wird, soll kurzfristig entschieden werden.

Die zunächst in Indien entdeckte Delta-Variante machen die portugiesischen Behörden für eine Zunahme der Infektionsfälle in den vergangenen Tagen verantwortlich, von denen ein Großteil in Lissabon entdeckt wurde. Die 14-Tage-Inzidenz stieg in Portugal Angaben der EU-Behörde ECDC zuletzt auf fast 90.

Russland

Auch in der russischen Hauptstadt Moskau breitet sich die Variante momentan rasant aus. Moskau verzeichnet weiterhin Tausende Corona-Neuinfektionen. Am Montag meldeten die Behörden 7.580 neue Fälle innerhalb von 24 Stunden. Das liegt unter dem Rekordwert vom vergangenen Samstag mit 9.120 Neuinfektionen. Die Lage habe sich trotzdem nicht verbessert, sagte Vize-Bürgermeisterin Anastassija Rakowa der Agentur Interfax zufolge. Derzeit werden den Behörden zufolge mehr als 600 Menschen in Krankenhäusern künstlich beatmet.

Seit mehr als einer Woche gelten in Europas größter Metropole mit schätzungsweise zwölf Millionen Einwohnern einige Einschränkungen. So sind größere Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Menschen verboten. Die Fanmeile zur Fußball-Europameisterschaft, die auf Anordnung der Stadt geschlossen wurde, werde abgebaut.

Die Delta-Variante dürfte mittlerweile eine Ausbreitung von fast 90 Prozent der Covid-Erkrankungen erreicht haben. Die Stadt führte nun deswegen eine Impfpflicht ein und verpflichtete nun eine Reihe an Unternehmen, eine Impfquote von 60 Prozent unter ihren Angestellten durchzusetzen. Am Wochenende bildeten sich in der Hauptstadt an einigen Impfstellen lange Warteschlangen.

Israel

Auch Israel, das als Vorreiter und Musterimpfland gilt, hat mit der Delta-Variante zu kämpfen. Nun trifft es dort vor allem Kinder und Jugendliche. Nach zuletzt wenigen Corona-Neuinfektionen in Israel sind erstmals seit rund zwei Monaten mehr als 100 neue Fälle an einem Tag nachgewiesen worden. 125 Personen seien am Vortag positiv auf das Virus getestet worden, teilte das Gesundheitsministerium am Dienstag mit. Der Generaldirektor des Gesundheitsministeriums, Chesi Levy, hatte dem israelischen Fernsehen zuvor gesagt, dass rund 70 Prozent der Neuinfektionen mit der Delta-Variante des Virus in Zusammenhang stehen. Die Hälfte der Neuinfizierten seien Kinder, ein Drittel der Betroffenen sei geimpft gewesen.

Nach einem Corona-Ausbruch an israelischen Schulen ist in zwei Ortschaften wieder die Maskenpflicht für Schüler verhängt worden. Das Gesundheitsministerium teilte am Sonntag mit, im Raum Binyamina südlich von Haifa sowie in Modiin-Maccabim-Reut müssten in Innenräumen sowie Außenbereichen wieder Schutzmasken getragen werden. Die Maskenpflicht in Israel war erst vor fünf Tagen angesichts niedriger Infektionszahlen landesweit aufgehoben worden.

In einer Schule in Binyamina wurden jedoch 45 Studenten positiv auf eine Infektion mit dem Coronavirus getestet. Auch in Modiin - einer Stadt zwischen Tel Aviv und Jerusalem - gab es rund ein Dutzend neuer Fälle. Nach Medienberichten wird an beiden Schulen ein Zusammenhang mit Rückkehrern aus dem Ausland  vermutet.

Vor zwei Wochen hatte Israel mit der Impfung von Jugendlichen im Alter von 12 bis 15 Jahren gegen das Coronavirus begonnen. Das Neun-Millionen-Einwohner-Land Israel setzt seit dem 19. Dezember erfolgreich eine Impfkampagne um. Fast 5,5 Millionen haben bereits eine Erstimpfung und mehr als 5,1 Millionen eine Zweitimpfung erhalten.

Neuinfektionen und schwere Erkrankungen gingen in den vergangenen Monaten stark zurück. Die Zahl der Schwerkranken fiel auf 22. Ende Jänner hatte es noch rund 1200 schwerkranke Corona-Patienten in Israel gegeben.

Uganda

Was passiert, wenn die Delta-Variante auf eine wenig Geimpfte trifft, lässt sich derzeit in Afrika beobachten.  Der Kontinent kämpft mit rasant steigenden Infektionszahlen und Impfstoffmangel. Angesichts dessen warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass Afrika nicht auf eine dritte Pandemie-Welle vorbereitet sei. Besonders betroffen seien Uganda sowie die Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, Kinshasa.

Ugandas Präsident Yoweri Museveni hat deswegen vor wenigen Tagen  scharfe Restriktionen erlassen. Das ostafrikanische Land befinde sich seit Freitag für 42 Tage im "totalen Lockdown", sagte Museveni. Ugandas rund 45 Millionen Einwohner müssten zuhause bleiben. Lediglich Fahrzeuge, die wichtige Fracht oder kranke Menschen transportieren, seien auf der Straße zugelassen.

Die Zahl der Neuinfektionen in Uganda war nach Angaben der Africa CDC, der Gesundheitsorganisation der Afrikanischen Union (AU), mit 11.704 Neuinfektionem am Freitag im Wochenvergleich so hoch wie nie zuvor. Man habe die Nachbarländer um Sauerstoff gebeten, sagte die Gesundheitsberaterin Musevenis, Monica Musenero, der Deutschen Presse-Agentur. "Die Zahl der Fälle steigt stetig. Wir versuchen, woher auch immer, Sauerstoffzylinder zu beziehen", sagte Musenero. Man benötige mindestens 15.000 davon. Auch die Armee sei angewiesen, Sauerstoff zu produzieren, bestätigte eine Militärsprecherin der dpa.

In Uganda, wie auch in 13 weiteren afrikanischen Ländern, breitet sich die ansteckendere Delta-Variante des Coronavirus weiter aus. Insgesamt wurden laut CDC rund 5,1 Millionen Infektionen in Afrika dokumentiert. Den Angaben zufolge sind rund 136.000 Menschen an den Folgen gestorben. Die Dunkelziffer auf dem Kontinent mit seinen 1,3 Milliarden Menschen dürfte allerdings höher liegen.