Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigt sich offen für eine Debatte über den US-Vorstoß zur Aussetzung von Corona-Impfstoffpatenten."Wir unterstützen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und sind offen für Gespräche sowie den WTO-Prozess, den die Amerikaner vorschlagen. Es ist wichtig, dass so viele Menschen wie möglich weltweit so rasch wie möglich geimpft werden, um die Pandemie zu besiegen", heiß es am Donnerstag dazu aus dem Bundeskanzleramt.

Zuvor hatte EU-Kommissionschefin von der Leyen erklärt, die Europäische Union sei bereit, "jeden Vorschlag zu diskutieren, der diese Krise wirksam und pragmatisch angeht". Man müsse sehen, wie der US-Vorschlag diesem Ziel dienen könne. Es soll auch Thema des EU-Gipfels in Porto sein.

Nicht schlagartig mehr Impfstoff

Der Verband der Österreichischen Impfstoffhersteller sieht den US-Vorstoß eher kritisch. Es sei wesentlich wichtiger, den Technologie-Transfer weiter auszubauen, als Patente aufzuheben, sagt Renee Gallo-Daniel, Präsidentin des Verbandes. Knappe Rohstoffe, Probleme in der Lieferkette, Herausforderungen in der Ausweitung oder Umwidmung der Produktion und Verteilung von Impfstoffen seien derzeit eher das Problem, nicht aber der Patentschutz. "Die Aufhebung dessen wird nicht dazu führen, dass schlagartig mehr Impfstoff produziert werden kann, betont Gallo-Daniel.

Eine Produktionsstätte aufzubauen, dauere unter normalen Umständen fünf bis zehn Jahre. Auch in Corona-Zeiten müsse man mit Monaten, eher Jahren an Aufbauarbeit rechnen. Außerdem brauche es meist mehrere Produktionsstätten, die schließlich daran arbeiten. "Eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Industrie, den Behörden und der WHO ist allenfalls anzustreben", sagt die Präsidentin.

Die führenden Hersteller, darunter Pfizer und Moderna, machen mit ihren Impfstoffen bereits satte Gewinne. Pharmahersteller argumentieren meist, dass Patente nötig seien, um die hohen Investitionen der Forschung zu refinanzieren. Auch mit Blick auf mögliche "Mutationen" sei das zu bedenken, erklärt Renee Gallo-Daniel. "Es muss weiterhin in Forschung und Studien investiert werden. Das kostet Geld."

Auch NEOS dagegen

Die NEOS sprachen sich ebenfalls gegen eine Freigabe der Patente aus. "Die Geschwindigkeit, mit der die Corona-Impfungen entwickelt wurden, ist eine Errungenschaft der Wissenschaft und der Innovation. Patentschutz ist die Voraussetzung dafür, dass Investitionen auch in Zukunft in Innovation fließen", sagte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker am Donnerstag in einer Aussendung. Stattdessen sollte mehr Kooperation bei der Produktion stattfinden.

Die SPÖ sprach dagegen von einem "Durchbruch bei den Gesprächen zur internationalen Impfsolidarität".Petra Bayr, SPÖ-Bereichssprecherin für globale Entwicklung, forderte, die österreichische Bundesregierung müsse den Vorstoß der EU-Kommissionspräsidentin unterstützen.