"Dieses Weihnachtsfest wird anders sein“, sagt Spaniens sozialistischer Premier Pedro Sánchez. „Dieses Jahr werden wir zu unseren Familienangehörigen Distanz halten müssen, statt sie zu umarmen.“ In der Einhaltung der Coronaregeln im Kreis der Familie werde sich dann die wahre Nächstenliebe zeigen.

Zudem müssen die Spanier, die so gerne bis tief in die Nacht feiern, an den kommenden Festtagen ihre Partylaune zügeln. Um ein Uhr in der Früh soll an den Weihnachtstagen und an Silvester Schluss sein und eine nächtliche Ausgehsperre greifen. Das Ausgehverbot dürfte unter anderem mit der mitternächtlichen „Hahnenmesse“ kollidieren, die an Heiligabend in vielen katholischen Kirchen zelebriert wird und üblicherweise erst am frühen Morgen des 25. Dezember endet.

Auch der Jahreswechsel wird nur mit angezogener Bremse gefeiert werden können. Denn an Silvester geht die Fiesta normalerweise erst nach Mitternacht so richtig los. Aber diese Opfer müssten zum Gemeinwohl erbracht werden, sagt Sánchez. Die Infektionskurve der zweiten Coronawelle gehe zwar nun endlich im ganzen Land allmählich nach unten. „Aber wir sind noch weit vom Ziel entfernt. Wir dürfen in unserer Wachsamkeit nicht nachlassen.“

Das erklärte Ziel lautet, die landesweite 14-Tage-Inzidenz auf unter 25 Fälle pro 100.000 Einwohner zu drücken. Zuletzt lag die zweiwöchige Fallhäufigkeit bei 307 Fällen pro 100.000 Bewohner und damit geringfügig höher als in Deutschland – vor einigen Wochen waren es in Spanien noch nahezu 500.

Lockdown light funktioniert

Bemerkenswert ist dabei, dass Spanien auf einen Lockdown light setzt, also auf deutlich moderatere Beschränkungen als etwa in Österreich, Deutschland oder Frankreich – und es scheint zu funktionieren. Die vielerorts geltenden Maßnahmen tun nicht allzu sehr weh. Die Kernelemente sind: eine nächtliche Ausgangssperre, die bisher meist von Mitternacht bis sechs Uhr morgens gilt. Zudem frühere Schließzeiten für die Gastronomie. Und die Absperrung jener Regionen, in denen es besonders viele Fälle gibt, um die Mobilität der Bevölkerung etwas zu bremsen.

Der vergleichsweise geringen Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten ist es vermutlich zuzuschreiben, dass sich die Spanier ohne größeren Widerstand in ihr Schicksal fügten. Man sieht, anders als zum Beispiel in Deutschland, keine nennenswerten öffentlichen Proteste der Bevölkerung gegen die Coronabeschränkungen.

Aber es gibt im spanischen Königreich eben auch keinen harten Shutdown mit der Stilllegung von Restaurants, des Kulturgeschehens oder des Geschäftslebens. Oder sogar mit einer totalen 24-Stunden-Ausgangssperre, wie sie bisher etwa in Frankreich galt. Die leichte Entspannung der Lage in Spanien spiegelt sich auch in den Krankenhäusern. Im September, als Spanien die höchste Infektionsrate ganz Europas hatte, standen die Hospitäler vor dem Kollaps. Nun können Ärzte und Schwester vorerst wieder aufatmen. Die Betten der Kliniken leeren sich langsam. Auch wenn immer noch 15.000 Menschen mit Covid-19 in den Krankenhäusern liegen. Davon ringen knapp 3000 Patienten auf den Intensivstationen mit dem Tod.

Angst vor neuem Rückfall

Doch auch Spaniens Experten warnen: „Wenn wir Weihnachten unvorsichtig sind, werden wir im Januar einen neuen Rückfall erleben.“ Deswegen schlägt Spaniens Regierung nun ebenfalls vor, die bisherigen Coronarestriktionen, wenn auch mit leichten Lockerungen, über die kommenden Feiertage aufrechtzuerhalten.

Die wichtigsten Regelungen, die noch mit Spaniens Regionalregierungen abgestimmt werden sollen, sind: Die Beibehaltung der nächtlichen Ausgangssperre, die an Weihnachten und Silvester aber erst um ein Uhr morgens gelten soll. Und es ist daran gedacht, die Feiern von Menschen, die nicht in einem Haushalt leben, auf sechs Personen zu begrenzen. Dieses Kontaktlimit wollen aber einige Regionen wie etwa Madrid an den Festtagen auf maximal zehn Personen ausdehnen. Zudem werden vermutlich die Absperrungen der spanischen Hotspot-Regionen gelockert, um nach langer Zeit endlich mal wieder Familienbesuche möglich zu machen.