Während im Bundestag in Berlin die Reform des deutschen Infektionsschutzgesetzes die erste Hürde nahm, löste die Polizei wenige Meter entfernt am Brandenburger Tor gerade eine Demonstration selbst ernannter „Querdenker“ auf. Die wenigen Hundert noch Verbliebenen gingen mit Steinen, Feuerwerk und Pfefferspray gegen die Beamten vor, die wiederum mit Wasserwerfern versuchten, den Platz nach dem Demo-Ende freizubekommen.

Doch so martialisch der Widerstand gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung auch wirken mag, ist eine Mehrheit damit nach jüngsten Umfragen weiterhin einverstanden, wenn die Kritikerzahl seit dem Sommer auch von 15 auf 28 Prozent gestiegen ist.

Dabei sind die Beschränkungen im Europavergleich noch nicht einmal die schärfsten. Dennoch ist Deutschland im Vergleich bislang recht gut durch die Krise gekommen – sowohl medizinisch als auch wirtschaftlich. Doch woran liegen die geringe Neuinfektionszahl und die geringere Auslastung der Intensivbetten? Die deutsche Regierung hat zwar im Frühjahr etwas langsamer regiert als etwa der selbst ernannte Musterschüler Österreich, dafür aber an strikteren Maßnahmen im Sommer festgehalten. Vor allem im Grenzbereich war erkennbar, dass deutsche Einkäufer etwa noch Masken in Geschäften trugen, während ihre Nachbarn diese schon abgelegt hatten und die deutschen Kunden mit den Masken schon wieder skeptisch anschauten.

In Deutschland geht es in der Regel schneller mit den Tests, weil vor allem Einreisende aus den Risikogebieten, Menschen mit Symptomen oder mit Kontakt zu Kranken getestet wurden. Auch die Nachverfolgung von Ansteckungsketten funktioniere besser, die Quarantänepflicht wurde besser durchgesetzt. Zudem ergriff diesmal die Regierung in Berlin als Erstes das Ruder. In der Schweiz und Österreich gilt Deutschland auch nicht als Risikoland – andersherum aber schon.

Mit einer Mischung aus Neid und Spott gibt das britische Buch „Why the Germans do better“, das auf der Insel zum Bestseller wurde, eine ironische (und auch ernste) Antwort: Die Deutschen kämen offenkundig besser durch die Krise, weil sie eben spießig, ordnungsfanatisch und ständig gut organisiert seien. In der Krise mag das aber helfen.