Nach der Implosion des "Titan"-Tauchboots, bei der alle Passagiere ums Leben kamen, bereut auch "Titanic"-Regisseur James Cameron, wegen seiner Bedenken bezüglich der "Titan"-Betreiberfirma Oceangate nicht Alarm geschlagen zu haben: Der kanadische Filmemacher, der auch Miteigentümer des Tauchboot-Herstellers Triton Submarines ist, sagte der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag, er habe die Konstruktion des Rumpfes des Mini-U-Boots seit Langem für riskant gehalten.

"Wir haben einige Freunde verloren"

Der 68-Jährige vermutete, dass das Boot zu dem Zeitpunkt implodiert sei, als das Mutterschiff nach einer Stunde und 45 Minuten die Kommunikation mit dem Tauchfahrzeug verlor. "Ich wusste, was passiert war. Das U-Boot ist implodiert", sagte Cameron. Er fügte hinzu, dass er seinen Kollegen am Montag in einer E-Mail mitgeteilt habe: "Wir haben einige Freunde verloren." Weiters habe er geschrieben: "Es liegt jetzt in Stücken auf dem Grund."

Die Insassen des "Titan"-Tauchboots haben Experten zufolge von der Implosion ihres Gefährts nichts mehr mitbekommen. Der Druck auf das Tauchboot sei in so großer Tiefe massiv gewesen - die Implosion sei im Bruchteil einer Millisekunde passiert, zitierte CNN am Freitag Ex-Marineoffizierin Aileen Marty, eine Professorin für Katastrophenmedizin. Das menschliche Gehirn könne die Lage so schnell gar nicht erfassen. "Das ganze Ding ist kollabiert, bevor die Menschen darin überhaupt bemerken konnten, dass es ein Problem gab", betonte Marty.

Bei einer Implosion bricht ein Objekt schlagartig zusammen, wenn der Außendruck größer ist als der Innendruck. Sie steht im umgekehrten Kräfteverhältnis zu einer Explosion. Schon der kleinste strukturelle Defekt kann in großer Tiefe eine solche Katastrophe auslösen. Die Insassen der "Titan" seien auf eine Art und Weise gestorben, bei der sie nicht einmal gewusst hätten, dass sie sterben würden, erklärte Marty. "Letztlich ist dies mit Blick auf die vielen Möglichkeiten, auf die wir sterben können, schmerzlos."

Die US-Küstenwache hatte am Donnerstag nach tagelanger fieberhafter Suche mitgeteilt, dass knapp 500 Meter vom Bug des "Titanic"-Wracks entfernt in rund 3.800 Meter Tief Trümmerteile gefunden wurden. Sie gehören zur verschollenen "Titan" mit fünf Menschen an Bord. Die Küstenwache sprach von einer "katastrophalen Implosion", die die Insassen das Leben gekostet habe.

Die "Titan" war am Sonntag zu einer touristischen Tauchfahrt zum in rund 3.800 Metern Tiefe liegenden Wrack der 1912 gesunkenen "Titanic" aufgebrochen. Nach eindreiviertel Stunden brach der Kontakt zum Begleitschiff ab, von dem etwa 6,5 Meter langen U-Boot fehlte seitdem jede Spur.

Implosion bereits am Sonntag bemerkt

Wie zuerst das "Wall Street Journal" berichtete, dürfte allerdings ein akustisches Unterwassererkennungssystem der Navy die Implosion bereits am Sonntag registriert haben. "Die US-Marine führte eine Analyse der akustischen Daten durch und entdeckte eine Anomalie, die auf eine Implosion oder Explosion in der allgemeinen Umgebung des Einsatzorts des Titan-Tauchboots zurückzuführen war, als die Kommunikation unterbrochen wurde", sagte ein Sprecher dem Sender ABC. Eine Implosion ist die Zerstörung eines Hohlkörpers durch äußeren Druck und damit das Gegenteil einer Explosion.

Am Donnerstag gab die US-Küstenwache dann den Fund eines "Trümmerfeldes" nahe des Wracks der "Titanic" bekannt. Sie bestätigte nun, dass es sich dabei um Trümmer der "Titan" handelte. Die Trümmer lagen rund 500 Meter vom Wrack der "Titanic" entfernt auf dem Meeresboden.

Einsatzkräfte hatten in den vergangenen Tagen aus der Luft und mit Schiffen unter Hochdruck nach der "Titan" gesucht. Es bestand die Hoffnung, dass das Tauchboot trotz des enormen Wasserdrucks in den Tiefen des Ozeans unbeschädigt sein könnte und die Insassen noch leben könnten. Allerdings war von Anfang an klar, dass für eine Suche nur wenig Zeit bleibt. Auch wenn das Tauchboot noch intakt gewesen wäre, der Sauerstoffvorrat hätte nur für 96 Stunden ausgereicht. Theoretisch wäre der Sauerstoff damit im Verlauf des Donnerstags ausgegangen.

Zwischenzeitlich hatte die Ortung von Unterwasser-Klopfgeräuschen für neue Hoffnung gesorgt. Es blieb aber unklar, woher die ab Dienstag registrierten Geräusche kamen. Für den Rettungseinsatz war eine Reihe von Schiffen mit Tauchrobotern und weiterem Spezialgerät in das riesige Suchgebiet geeilt, das knapp 650 Kilometer vor der Küste der kanadischen Provinz Neufundland liegt. Zuletzt befanden sich neun Schiffe in der Region.

Der Tod der fünf Insassen des Mini-U-Bootes sorgte für bestürzte Reaktionen. US-Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas sprach den Angehörigen sein Beileid aus und dankte der US-Küstenwache und den an der Suche beteiligten Partnern für ihren Einsatz. Der britische Außenminister James Cleverly sprach auf Twitter von "tragischen Neuigkeiten" und sprach den Angehörigen der Toten ebenfalls sein Beileid aus.

Die Betreiberfirma Oceangate teilte mit, die fünf Männer an Bord seien "echte Forschungsreisende" gewesen, mit "speziellem Abenteuergeist und einer tiefen Leidenschaft für die Erforschung und den Schutz der Meere der Welt". Man trauere und sei mit den Herzen bei den Angehörigen, hieß es weiter. Auch für die Mitarbeiter sei es eine "extrem traurige Zeit".

Sicherheitsbedenken in der Vergangenheit

Bereits in der Vergangenheit hatte es vermehrt Sicherheitsbedenken bezüglich der Tauchfahrten gegeben. Ehemalige Mitarbeiter von Oceangate gaben beispielsweise an, dass die Wände des U-Boots womöglich zu dünn wären. Oceangate bietet zahlungskräftigen Kunden eine abenteuerliche Reise – die Kosten für die insgesamt achttägige Expedition liegen bei 250.000 US-Dollar (229.000 Euro) pro Person. Die Tauchfahrt zur "Titanic" selbst dauert gewöhnlich aber nur einige Stunden.