Schweden wird sich demnächst als erstes EU-Land als "rauchfrei" bezeichnen dürfen. Nach der üblichen Definition des Begriffs greifen dann weniger als fünf Prozent der Bevölkerung zum Glimmstängel. Derzeit sind es noch 5,6 Prozent. Zum Vergleich: In Österreich liegt diese Quote bei etwa 25 Prozent (Gelegenheitsraucher mitgerechnet).

Schon heute hat das skandinavische Land die geringste Anzahl der täglich rauchenden Erwachsenen in der EU – die hat es sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 rauchfrei zu sein. Stockholm hatte sich mit 2025 ein ehrgeizigeres Ziel gesetzt und dürfte das sogar noch früher – in den kommenden Monaten – erreichen. Diese Zahlen seien aber mit Vorsicht zu genießen, meint Waltraud Posch von der Suchtpräventionsfachstelle Vivid im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: "Bei den Befragungen werden häufig sozial erwünschte Antworten gegeben und die vielen neuen Tabak- und Nikotinprodukte werden nicht dazugezählt", spricht die Expertin Nikotin- und Tabakbeutel (Snus) sowie E-Zigaretten und Tabakerhitzer an.

Umstieg auf andere Nikotinprodukte als Teil des Erfolgs?

Andere sehen gerade das Ausweichen der Schweden auf andere nikotinhaltige Produkte als Erfolg. Denn inklusive dieser Produkte käme Schweden auf einen ähnlichen Anteil an Nikotinkonsumenten wie im Rest Europas. Dennoch ist Lungenkrebs in Schweden eine deutlich seltenere Todesursache. Die neuen Nikotinprodukte als Teil der Lösung? Für die Suchtexpertin nicht: "Es ist genau dieselbe Sucht und auch eine Gesundheitsschädigung."

In Österreich nimmt der Raucheranteil auch ab, allerdings werden Snus und Co. auch hier immer beliebter, vor allem unter Jugendlichen. Viele Schulen klagen über das "Snusen" in den Klassenzimmern. Die Werbung für diese Produkte richtet sich oft gezielt an junges Publikum. Für Posch ein frustrierendes Phänomen: "Ich bin seit 15 Jahren in diesem Job. Dass ich wieder so einen Nikotinhype erlebe, ist unfassbar. Es ist alles schon zurückgegangen. Jetzt haben wir ein neues Produkt und alles fängt von vorne an."

Den niedrigen Raucheranteil in Schweden führt Waltraud Posch auf die Vorreiterrolle Stockholms bei Restriktionen zurück. Etwa beim Rauchverbot in Gastro-Innenräumen, bei dem Schweden Österreich 15 Jahre voraus war. Seit 2019 dürfen sich Raucher auch in den Außenbereichen von Gaststätten keine Zigaretten mehr anstecken. Öffentliche Spielplätze, Bushaltestellen und Bahnsteige sind ebenfalls tabu für Raucher. "Das macht etwas mit der Norm. Je sichtbarer das Rauchen ist und je leichter Nikotin Produkte verfügbar sind, desto normaler sind sie", so Posch. Und in Schweden sind Zigaretten eben kaum mehr sichtbar.

Aus Sicht der Suchtprävention würde sich Posch auch ein Drehen an der Preisschraube wünschen: "Eine deutliche Erhöhung des Preises für Nikotin ist die wirksamste Maßnahme." Ab zehn Prozent Preiserhöhung sei eine Wirkung messbar. Dies bedeute in Industrieländern fünf Prozent weniger Konsum.