"Für die Wahrheit Zeugnis ablegen“– diesen Wahlspruch wählte Georg Gänswein als er zum Erzbischof erkoren wurde. Er verweist auf jene Bibelstelle, die vom Verhör Jesu durch Pilatus erzählt. Im Schwarzwald geboren führte der Weg des heute 66-Jährigen schon bald nach Rom. Gänswein studierte an der "Gregoriana" Theologie und Philosophie. Mitte der 1990er-Jahre folgte schließlich der endgültige Ruf in den Vatikan, wo ihn nach wenigen Monaten Joseph Ratzinger, damals noch Kardinal, in die Kongregation für Glaubenslehre holte, und den Gänswein bis zu dessen Tod vergangenen Samstag begleitete: ab 2003 als persönlicher Assistent, ab 2005 als Privatsekretär des nun zum Papst gewählten Benedikt XVI. Und als solcher machte er immer wieder von sich reden: Etwa 2013 am Cover der italienischen Ausgabe des Magazins "Vanity fair", untertitelt mit "Schön zu sein, ist keine Sünde". Schon zuvor wurde er immer wieder als "George Clooney" des Vatikans tituliert.

Für Schlagzeilen sorgte er dann auch noch als Sprachrohr des emeritieren Papstes – zumindest ein Mal zum merklichen Missfallen des amtierenden Papstes, Franziskus: 2020 promotete Gänswein ein Buch, das sich vehement gegen die Abschaffung des Zölibats aussprach. Doch Don Giorgio war es auch, der Franziskus vergangenen Samstag als Erster über den Tod Benedikts informierte.

Ein Ereignis, das derzeit das Telefon des Erzbischofs glühen lässt: Zahlreiche deutsche, aber auch internationale Medien bitten ihn um einen Nachruf, der – wie es für einen treuen Begleiter gehört – durchwegs positiv ausfällt: Benedikt sei kein „Papstautomat“ gewesen, schrieb Gänswein etwa in einem Beitrag für die "Bild". Jener habe auch seinen Entschluss, als Papst zurückzutreten nie bereut, erzählte der Privatsekretär im italienischen Fernsehen. Und: Er halte "santo subito" für möglich, also eine schnelle Selig- und Heiligsprechung Benedikts.

Montagfrüh hielt Gänswein Totenwache am Sarg seines langjährigen Mentors.