Wird es Tokio sein, in Delhi oder in Kairo? Wird es irgendwo unter den immergrünen Wäldern Zentralafrikas sein oder doch in einem US-Bundesstaat im Mittelwesten? Oder gar in Österreich?

Heute wird jedenfalls rechnerisch die Geburt des achtmilliardsten Erdenbürgers erwartet: 8.000.000.000 Menschen – tausend Mal so viele wie in Österreich, werden damit auf unserem fragilen Erdball leben, ergaben die Berechnungen der Vereinten Nationen.

Angst vor Überbevölkerung

Es ist eine unglaubliche Bevölkerungsentwicklung, die in den letzten 200 Jahren stattgefunden hat: Von rund einer Milliarde Menschen im Jahr 1800 dauerte es mehr als 100 Jahre, um die zweite Milliarde zu erreichen. Doch dann ging es rasant in die Höhe: Drei Milliarden 1960, vier im Jahr 1974. Zu der Zeit war eine der großen Ängste die Überbevölkerung.

Heute, 50 Jahre später und mit doppelt so vielen Menschen, sieht es ganz anders aus: Die Prognosen gehen davon aus, dass das Wachstum gegen 2080 zu einem Ende kommt – bei einer Maximalbevölkerung von 10,4 Milliarden Menschen.

Freilich, Prognosen sind immer unsicher und im Detail umstritten. Der österreichische Demografie-Spezialist Wolfgang Lutz erwartet die maximale Bevölkerungszahl bereits um 2070 und ein Maximum von „nur“ 9,6 - 9,9 Milliarden Menschen.

Geburtenraten sinken fast überall

„Demografische Transition“ nennt Lutz das, was derzeit fast überall passiert: Die Geburtenraten sinken, zuletzt besonders dramatisch im Fernen Osten. Auch ohne Ein-Kind-Zwang gehen in China die Zahlen dramatisch zurück. Nächstes Jahr wird der Rivale Indien das Reich der Mitte überholen. Aber auch in Indien wird es in wenigen Jahren zu einer Stagnation und dann zu einem Rückgang kommen.

Am stärksten wächst noch Afrika, das deshalb deutlich vorrücken wird und etwa ein Viertel der Weltbevölkerung stellen wird. Nigeria allein wird bald so viele Einwohner haben wie die gesamte EU. Doch auch hier sieht man bereits jenen Zusammenhang, der im 19. und 20. Jahrhundert in Europa und zum Teil in den USA, später auch in Lateinamerika und eben Asien stattgefunden hat: Wenn die Bildung steigt, die medizinische Versorgung besser wird, und die Menschen in ihrer Vorsorge (Pension etc.) nicht auf eine Kinderschar angewiesen sind, gibt es weniger Kinder. Rein rechnerisch müsste jede Frau etwa 2,1 Geburten erleben, damit die Geburtenrate stabil bleibt. In Europa sind wir da längst woanders: 1,4-1,5 in Österreich.

Menschen werden älter

Doch wegen der verbesserten medizinischen Versorgung steigen noch immer die Kopfzahlen: Denn die Menschen werden immer älter. „Pro Jahr steigt bei uns die Lebenserwartung um rund drei Monate“, sagt Lutz. Allerdings: „In den USA geht wegen des Medikamentenmissbrauchs die Lebenserwartung bereits wieder zurück.“

In den UN-Berichten gibt es riesige Zahlenwerke zu jedem Land der Erde, was die Bevölkerung betrifft. Und doch muss man vorsichtig sein. Die große Unbekannte sind Wander- und Fluchtbewegungen. Wenn man heute davon ausgeht, dass Europa stagniert, dann sind womöglich künftige Wanderbewegungen gar nicht ausreichend berücksichtigt. Wer weiß, was eine alternde Gesellschaft sich an Pflegekräften noch hereinholt? Lutz geht davon aus, dass Österreich gerade die Zehn-Millionen-Marke erreicht.

Zwei Menschen pro Sekunde

Selbst Kriege und Pandemien hinterlassen demografisch gesehen eher kleine Dellen – denn zwei Menschen kommen pro Sekunde derzeit auf die Welt. Dramatische Änderungen gäbe es wohl nur dann, wenn etwa ein ebola-artiger Virus oder ein Atomkrieg Millionen und Abermillionen dahinrafft.

Dass hingegen Staatenlenker ihre Bevölkerung wieder zu mehr Kindern ermuntern und dies auch Gehör findet – ;wie etwa in den 1980-er-Jahren im Iran – erscheint derzeit unwahrscheinlich. Eine quasi „ideologische“ Bevölkerungsexplosion wird nicht erwartet.

Das ändert natürlich wenig an jenen Sorgen, die derzeit in Ägypten beim Klimagipfel verhandelt werden: Wie werden zehn Milliarden Menschen leben, mit welchem Energiehunger und Ressourcenverbrauch werden sie unserer Erde den Stempel aufdrücken?