Kolonnen von Autos, gesperrte und geleerte Zapfsäulen, Menschen, die mit Kanistern im Kofferraum anrücken. Szenen wie diese erlebte ein Steirer, als er am Wochenende aus dem slowenischen Gornja Radgona zurück in die Südoststeiermark unterwegs war.

An der Tankstelle "Mol" kurz vor der Grenze wollte der Mann tanken – und strandete beinahe. "Vier der fünf Zapfsäulen waren leer. Sowohl Benzin als auch Diesel konnten lediglich über die letzte volle Zapfsäule getankt werden", so der Grazer, der weiter anmerkt: "An der Tankstelle standen hauptsächlich einheimische Autolenker. Hier geht es nicht um Tanktourismus."

Ein ähnliches Bild zeigte sich Sonntagnachmittag auch an der kärntnerisch-slowenischen Grenze. "In Bovec gab es keinen Diesel mehr, also sind wir über den Vršič-Pass weitergefahren - aber erst bei der übernächsten Tankstelle hatten wir Glück", erzählt eine Klagenfurterin. In Mežica wurden nicht nur die Autotanks, sondern auch noch mitgebrachte Plastiktanks befüllt.

Tanktourismus in Mežica
Tanktourismus in Mežica © KK/privat

OMV bestätigt Ansturm 

Wie slowenische Medien berichteten, sind seit dem gestrigen Sonntag zahlreiche Tankstellen-Anbieter Sloweniens von Sprit-Engpässen betroffen. Schuld daran ist neben dem Urlauberverkehr vor allem eine neue Regelung, die mit Dienstag in Kraft treten soll. 

Die seit 11. Mai eingefrorenen Tarife für Normalbenzin (1,560 Euro pro Liter) und Diesel (1,668), die Slowenien zu einem der spritbilligsten Nachbarländer Österreichs machten, gehören dann der Vergangenheit an. Das bedeutet: Der Treibstoff wird teurer. 

Das neue Modell sieht folgende Gangart vor: Preise an den Autobahntankstellen sollen ab sofort frei am Markt gebildet werden, abseits der Autobahnen werden sie reguliert, indem der Staat die Margen bestimmt – so wie es in Kroatien ab Dienstag der Fall sein wird. Die Preisobergrenze wird die nächsten zwei Wochen in Kraft sein. In Slowenien hingegen gilt die Regelung die nächsten zwölf Monate.

"Diese Situation führte zu einem regelrechten Ansturm. Vorhandener Kraftstoff im Lager konnte aufgrund des enorm hohen Bedarfs logistisch nicht mehr bedient werden. OMV Slowenien arbeitet mit Nachdruck an der Belieferung der Tankstellen", bestätigt OMV-Sprecherin Ioana Costin auf Anfrage der Kleinen Zeitung. 

Realität sieht anders aus

Dass Zapfsäulen in der Realität auch anders geregelt werden, zeigt eine weitere Schilderung der Grazerin Ines Lengelić. "Ich war auf dem Weg zurück nach Österreich und musste in Ptuj tanken. Die Zapfsäule musste aber zuerst vom Tankwart 'freigegeben' werden", so die zweifache Mutter. Zudem sollen die Kennzeichen der Autolenker überprüft worden sein. "Ich bin gefragt worden, aus welchem Land ich komme", erzählt die Frau. Alle nichtslowenischen Staatsbürger mussten laut der Dame einen höheren Preis zahlen.

Tankbetrug nimmt zu

In anderen Balkanländern werden vermehrt Diebstähle an Tankstellen gemeldet. So etwa am Sonntag in der nordöstlichen Stadt Doboj in Bosnien-Herzegowina. Dort soll ein Mann an einer Selbstbedienungstankstelle für umgerechnet rund 70 Euro getankt haben und darauf hin ohne zu bezahlen geflüchtet sein.

Zum ersten Mal in der Geschichte sei der Kraftstoffpreis in Bosnien-Herzegowina gleich hoch wie im angrenzenden Kroatien, "obwohl die Steuerpolitik und die Lebensstandards dieser beiden Länder völlig unterschiedlich sind", sagte Milenko Bošković, Präsident der Vereinigung der Händler von Erdölprodukten der bosnischen Föderation gegenüber dem Nachrichtenportal N1. Zum Vergleich: Die Kosten für Benzin liegen in Bosnien bei rund 1,80 Euro. Das durchschnittliche Nettoeinkommen im April 2022 betrug laut den aktuellen Angaben des Bundesamtes für Statistik umgerechnet 550 Euro.