FRIE­DE­RI­KE MAY­RÖ­CKER

Die Verdichterin des Wortes

Sie schrieb nicht nur Worte, sie war ganz Wort, Dich­te­rin aus tiefs­ter Seele, Ver­dich­te­rin von höchs­ten Gna­den. Frie­de­ri­ke May­rö­cker mach­te aus ihrer „Zet­tel­wirt­schaft“ große Li­te­ra­tur, die sich in kei­nen (Zet­tel-)Kas­ten ein­ord­nen ließ. Sie war eine stil­le, ex­pe­ri­men­tier­freu­di­ge Poe­tin, die Zart­heit und Ra­di­ka­li­tät in Ein­klang brach­te. „Meine Texte ent­ste­hen durch sich fort­pflan­zen­de Augen“, hat sie ein­mal ge­sagt. Frie­de­ri­ke May­rö­cker hat am 4. Juni im Alter von 96 Jah­ren die Augen für immer ge­schlos­sen. Die Worte blei­ben ge­öff­net.

Friederike Mayröcker
Friederike Mayröcker © (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)

HUGO POR­TISCH

Er schrieb selbst Geschichte

Er hat Welt­ge­schich­te be­schrie­ben und selbst (Jour­na­lis­ten-)Ge­schich­te ge­schrie­ben. Er hat ge­mein­sam mit Gerd Ba­cher Ös­ter­reich I und Ös­ter­reich II aus der Taufe ge­ho­ben und damit his­to­ri­sche Auf­klä­rung in die Wohn­zim­mer ge­bracht. Und er hat es wie kaum ein an­de­rer ver­stan­den, kom­pli­zier­te po­li­ti­sche Zu­sam­men­hän­ge so zu er­klä­ren, dass es auch die in­ter­es­sier­ten Laien ver­stan­den haben. Dass er aus­ge­rech­net am 1. April im Alter von 94 Jah­ren ge­stor­ben ist, über die­sen „Scherz“ hätte Hugo Por­tisch wohl herz­haft la­chen kön­nen.

GER­TRAUD JES­SE­RER

Tragik bis in den Tod

Sie trug die Ver­letz­lich­keit in ihrem Ge­sichts­aus­druck und ver­kör­per­te sie in ihren zahl­rei­chen Rol­len – und das Leben hielt für die Schau­spie­le­rin ei­ni­ges an Ver­let­zun­gen be­reit. Ihr Mann Peter Vogel ver­üb­te 1978 Selbst­mord, ihr Sohn Ni­ko­las Vogel starb im Juni 1991 als Kriegs­be­richt­er­stat­ter im Alter von 24 Jah­ren wäh­rend eines Bom­bar­de­ments am Flug­ha­fen in Lai­bach. Eine Tra­gik war auch ihr ei­ge­ner Tod: Ger­traud Jes­se­rer kam am 9. De­zem­ber im Alter von 77 Jah­ren bei einem Woh­nungs­brand in Wien ums Leben.

ARIK BRAU­ER

Der friedvolle Mahner

Er hat nur davon ge­sun­gen, selbst hat er das Köp­ferl nie in den Sand ge­steckt. Er war so viel – und jede Pro­fes­si­on war eine Pas­si­on. Er war Maler, Dich­ter, Mu­si­ker, hat den Aus­tro-Pop auf die Sprün­ge ge­hol­fen. Er war Leh­rer und Mah­ner und hat seine fried­vol­le, nie aus­gren­zen­de Stim­me immer für Frei­heit, De­mo­kra­tie und So­li­da­ri­tät er­ho­ben. „Er war der Schieds­rich­ter mei­ner Werte“, hat Otto Schenk ein­mal über ihn ge­sagt. Am 24. Jän­ner hat Arik Brau­er im Alter von 92 Jah­ren seine letz­te fan­tas­ti­sche Reise an­ge­tre­ten. Als Er­in­ne­rung an den gro­ßen Men­schen­freund wurde heuer der Arik-Brau­er-Pu­bli­zis­tik­preis ins Leben ge­ru­fen, er soll künf­tig jähr­lich ver­lie­hen wer­den.

Arik Brauer
Arik Brauer © (c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)

MILVA

Die sozialistische Diva

Sie trug nicht nur wegen ihrer roten Haar­pracht den Bei­na­men „La Rossa“ oder – nach ihrem ita­lie­ni­schen Ge­burts­ort – „La Pan­te­ra di Goro“. Als Sän­ge­rin und Schau­spie­le­rin ar­bei­te­te die über­zeug­te So­zia­lis­tin mit Gior­gio Streh­ler, Mikis Theo­do­ra­kis, Ennio Mor­ri­co­ne, Mont­s­er­rat Ca­ballé oder Astor Piaz­zol­la zu­sam­men, 15 Mal nahm sie am San Re­mo-Fes­ti­val teil. Auch mit Songs von Brecht/Weill ging die viel­spra­chi­ge Diva auf Tour­nee. Maria Ilva Biol­ca­ti, bes­ser be­kannt als Milva, starb am 23. April im Alter von 81 Jah­ren in Mai­land.

Milva
Milva © (c) dpa-Zentralbild/Wolfgang Kluge (Wolfgang Kluge)

CHAR­LIE WATTS

Kein Titel, aber ein Sir

Mick Jag­ger und Keith Ri­chards mögen im Ram­pen­licht ste­hen, aber er gab den Takt vor – und sorg­te mit sei­ner stoi­schen Ruhe auch immer wie­der für Kal­mie­rung unter den streit­ba­ren Al­pha­tie­ren in der Grup­pe. Bei den Rol­ling Sto­nes war er als Schlag­zeu­ger zwar der Rock­mu­sik ver­pflich­tet, aber seine große Liebe galt auch dem Jazz. Jag­ger wurde zum Rit­ter ge­schla­gen, aber so etwas hatte er nicht not­wen­dig – denn er war oh­ne­hin durch und durch ein Sir. Char­lie Watts ist am 24. Au­gust im Alter von 80 Jah­ren in Lon­don ge­stor­ben.

PRINZ PHI­LIP

Der Mann hinter der Königin

Sein Humor war grenz­wer­tig, und die Fett­näpf­chen, in die er ziel­si­cher trat, von gro­ßem Aus­maß. Auch seine Fahr­küns­te und au­ßer­ehe­li­chen Avan­cen waren le­gen­där. Den­noch war er der Kitt der brü­chi­gen Royal Fa­mi­ly und der ge­lieb­te Le­bens­mensch von Queen Eliz­a­beth II., hin­ter der er als Prinz­ge­mahlt mit Re­spekt­ab­stand stets ein­her­ging wie eine treu er­ge­be­ne Schild­krö­te. Am 9. April ist HRH Prin­ce Phi­lip, Duke of Edin­burgh, ge­stor­ben. Er wurde 99 Jahre alt.

Prinz Philip
Prinz Philip © (c) AFP (VICTORIA JONES)

SEPP FOR­CHER

Die Heimat erklärt, nicht verklärt


Er hat uns die Hei­mat er­klärt, ohne sie zu ver­klä­ren. Er hat mit ru­hi­gem Ton, in dem aber immer die Lei­den­schaft lo­der­te, Ös­ter­reich zum Klin­gen ge­bracht. Sepp For­cher – ge­bür­ti­ger Römer, aber ver­wur­zelt in Süd­ti­rol – war ein blitz­ge­schei­ter Cha­ris­ma­ti­ker, der seine Bo­den­haf­tung nie als At­ti­tü­de aus­spiel­te. Den Weg von der Berg­hüt­te vor die Fern­seh­ka­me­ra fand er erst im mitt­le­ren Alter, an sei­ner Seite immer Gat­tin Helli, die Ende No­vem­ber starb. Drei Wo­chen spä­ter, am 19. De­zem­ber, folg­te ihr Sepp For­cher nach. Er wurde 91 Jahre alt.

Sepp Forcher
Sepp Forcher © (c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)

DIE TOTEN 2021 

Tanya Roberts, US-Schauspielerin, 65. Ludwig Fels, dt. Schriftsteller, 74. Phil Spector, US-Musikproduzent, 81. Hans Staudacher, öst. Maler, 98. Erich Leitenberger, langjähriger „Kathpress“-Chefredakteur, 77. Larry King, US-Talkshow-Legende, 87. Christopher Plummer, kanad. Schauspieler, 91. George Shultz, ehem. US-Außenminister, 100. Larry Flynt, legendärer US-Porno-Verleger, 78. Lawrence Ferlinghetti, US-Dichter, 101. Klaus Emmerich, öst. Journalist/ORF-Korrespondent, 92. James Levine, US-Dirigent, 77. Peter Patzak, öst. Autor und Regisseur, 76. Peter Fichna, ORF-„ZIB“-Legende, 90. Adam Zagajewski, poln. Dichter, 75. George Segal, US-Schauspieler, 87. Bertrand Tavernier, frz. Filmemacher, 79. Rudolf Burger, öst. Philosoph, 82. Jim Steinman, US-Komponist, 73. Thomas Fritsch, dt. Schauspieler, 77. Milva, ital. Chansonsängerin, 81. Christa Ludwig, dt. Mezzosopranistin, 93. Alexander Bisenz, öst. Kabarettist, 59. Max Mosley, langjähriger Präsident des Motorsport-Weltverbandes FIA, 81. Edi Finger junior, Sportjournalist und ORF-Radiomoderator, 72. KurtWolff-Votava, ORF-Radiomoderator, 75. 3. Peter Elstner, früherer ORF-Sportreporter, 81. Donald Rumsfeld, früherer US-Verteidigungsminister, 88. Bill Ramsey, US-dt. Schlagersänger, 90. Erich Schleyer, dt.-öst. Schauspieler, Buchautor, 81. Gian FrancoKasper, langjähriger FIS-Präsident, 77. Alfred Biolek, dt. TV-Moderator, 87. Joe Michael „Dusty“ Hill, US-Rockmusiker (ZZ Top), 72. Martin Blumenau, öst. Radiomoderator/FM4-Mitbegründer, 60. Günther Kräuter, öst. Politiker (SPÖ) u. Volksanwalt, 64. Rudolf Edlinger, öst. Politiker (SPÖ)/Finanzminister 1997-2000, 81. Don Everly, US-Rock-’n’- Roll-Legende, 84. Charlie Watts, Schlagzeuger der Rolling Stones, 80. Chick Corea, US-Jazzmusiker, 79. Heide Keller, dt. Schauspielerin, 81. Mikis Theodorakis, gr. Komponist, 96. Jean-Paul Belmondo, frz. Filmlegende, 88. Caspar Einem, öst. Politiker (SPÖ); Innenminister 1995-1997, 73. Ferry Radax, öst. Avantgarde-Filmemacher, 89. PeterLodynski, öst. Schauspieler/Entertainer/Autor, 84. Edita Gruberova, slowak. Opernsängerin, 74. Colin Powell, US-Generalstabschef; Außenminister 2001-2005, 84. Herbert Salcher, öst. Politiker (SPÖ); ehem. Gesundheits- u. Finanzminister, 92. Oswald Wiener, öst. Schriftsteller, 86. Ted Herold, dt. Rock-’n’-Roll-Musiker, 79. HorstChmela, Wienerlied-Legende, 82. Noah Gordon, US-Romanautor, 95. Sir Frank Williams, langjähriger Teamchef und Gründer des gleichnamigen Formel-1-Rennstalls, 79. Desmond Tutu, früherer Erzbischof von Kapstadt, Anti-Apartheid-Ikone, 90.