Nach tödlichen Schüssen bei Protesten in der US-Stadt Kenosha ist ein zuvor festgenommener 17-Jähriger wegen zweifachen Mordes angeklagt worden. Ihm werden außerdem unter anderem ein Mordversuch und unerlaubter Waffenbesitz zur Last gelegt, wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht. In Kenosha waren in der Nacht auf Mittwoch zwei Menschen getötet und einer verletzt worden.

Zumindest der Zwischenfall, bei dem eine Person erschossen und eine weitere verletzt wurde, ist auf Video festgehalten. Die Proteste in Kenosha waren nach Schüssen in den Rücken eines Afroamerikaners bei einem Polizeieinsatz am Sonntag ausgebrochen. Dabei kam es auch zu Gewalttaten - Gebäude und Autos wurden angezündet. Der 17-Jährige mit offiziellem Wohnsitz im benachbarten Bundesstaat Illinois stieß laut Augenzeugenberichten und im Netz veröffentlichten Videos zu einer Gruppe bewaffneter Zivilisten, die erklärten, Eigentum beschützen zu wollen. Er wurde am Mittwoch in Illinois festgenommen.

US-Profi-Sport stellt sich gegen Rassismus

Die nordamerikanische Eishockey-Liga (NHL) hat die für Donnerstag angesetzten Play-off-Spiele abgesagt. Mit der auf der Homepage verkündeten Entscheidung folgte die Liga anderen US-Profiligen, die mit dem Aussetzen der Partien auf die jüngste Gewalttat von Polizisten gegen einen Afroamerikaner reagiert hatten.

Der NHL-Entscheidung vorausgegangen waren Gespräche zwischen der Liga und den Spielern. Der Co-Chef der Hockey Diversity Alliance, Evander Kane, hatte einen formellen Antrag der Gruppe an die NHL gestellt, alle Play-off-Spiele am Donnerstag auszusetzen. "Wir sind der festen Überzeugung, dass dies eine klare Botschaft aussendet, dass die Menschenrechte Vorrang vor dem Sport haben", schrieb er bei Twitter. Die Hockey Diversity Alliance war im Juni nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd durch Polizeigewalt in Minnesota von schwarzen Spielern gegründet worden.

Die Protestwelle hatten am Mittwoch die Basketballer der Milwaukee Bucks ausgelöst, die nicht zum Spiel gegen die Orlando Magic angetreten waren. Auch Spiele der Major League Baseball, der Major League Soccer und der Basketballerinnen in der WNBA waren Mittwochabend aus Protest gegen die Rassenungerechtigkeit verschoben worden. Dagegen hatte die NHL ihre Mittwoch-Spiele durchgeführt.

US-Präsident Donald Trump warf der NBA vor, inzwischen "wie eine politische Organisation" aufzutreten. "Und das ist keine gute Sache." Auch sein Schwiegersohn Jared Kushner kritisierte die Basketballliga: Die Spieler hätten das Glück, reich genug zu sein, um sich für die Proteste einen Abend freinehmen zu können.

Trump: Kein Präsident hat soviel für Afroamerikaner getan

In seiner Nominierungsrede auf dem Parteitag der Republikaner hatte Donald Trump erneut behauptet, dass er außergewöhnlich viel für das schwarze Amerika geleistet habe. "Ich sage mit großer Bescheidenheit, dass ich mehr für die afroamerikanische Community getan habe als jeder Präsident seit Abraham Lincoln", sagte Trump am Donnerstag vor dem Weißen Haus.

Trump wirbt damit, dass die Arbeitslosenquote auch unter Afroamerikanern vor der Corona-Pandemie auf ein historisches Tief gesunken war. Zudem stellte er die Finanzierung von historisch schwarzen Universitäten sicher. Seine Justizreform führte zur Freilassung zahlreicher schwarzer Häftlinge.

Schwer verletzter Blake bei Bewusstsein

Der am Sonntag bei dem Polizeieinsatz von sieben Kugeln schwer verletzte Familienvater Jacob Blake ist im Krankenhaus bei Bewusstsein, wie sein Vater der Zeitung "Chicago Sun-Times" sagte. Obwohl er von der Hüfte ab gelähmt sei, werde er mit Handschellen ans Bett gebunden, kritisierte Jacob Blake Senior.

Schüsse wegen Messer?

Auf einem Video von dem Polizeieinsatz ist zu sehen, wie Blake zu seinem Auto geht, gefolgt von zwei Polizisten mit gezückten Waffen. Eine der Waffen ist auf seinen Rücken gerichtet. Als Blake die Fahrertür öffnet und sich ins Auto beugt, fallen die Schüsse. In dem Auto saßen Blakes Kinder im Alter von drei, fünf und acht Jahren.

Blake habe ein Messer in seinem Fahrzeug gehabt, hatte der Generalstaatsanwalt des Bundesstaates Wisconsin, Joshua Kaul, am Mittwoch gesagt. Das Messer sei auf dem Boden des Innenraums auf der Fahrerseite sichergestellt worden.