Die Ziehmutter habe das Mädchen entführt, urteilte Richter John Hlophe am Donnerstag in Kapstadt. Beteuerungen der Angeklagten, sie habe das Mädchen über eine Art private Adoptionsvermittlung erhalten, bezeichnete er als "Märchen". Der Frau drohen nun bis zu zehn Jahre Haft.

Das Strafmaß gegen die 50-Jährige soll am 30. Mai verkündet werden. Einen Antrag auf ihre einstweilige Freilassung auf Kaution wies der Richter ab. Der Name der Angeklagten wurde nicht veröffentlicht, um die Identität des Opfers zu schützen.

Die vor Gericht anwesende leibliche Mutter Celeste Nurse schluchzte laut auf, als das Urteil verlesen wurde. Aus dem Zuschauerraum waren laute Freudenrufe zu hören. Die Angeklagte verfolgte die Äußerungen des Richters mit starrem, düsterem Gesicht.

Halbschwester kam an die Schule

Die wahre Identität des Mädchens, das ihre leiblichen Eltern Zephany genannt hatten, war Anfang des vergangenen Jahres durch Zufall ans Licht gekommen: Mitschülern der damals 17-Jährigen fiel auf, dass eine neue Schülerin ihr verblüffend ähnlich sah. DNA-Tests ergaben schließlich, dass die Mädchen Schwestern sind.

Celeste und Morne Nurse bekamen nach dem Verschwinden ihrer Tochter noch drei weitere Kinder. Sie gaben aber die Hoffnung nie auf, Zephany eines Tages wiederzufinden und feierten jedes Jahr ihren Geburtstag. Wie sich später herausstellte, wuchs das Mädchen nur wenige Kilometer von ihren leiblichen Eltern entfernt auf. Sie verlebte eine glückliche Kindheit und war offenbar nie über ihre wahre Identität aufgeklärt worden - ebenso wenig wie ihr angeblicher Vater.

Die 50-jährige Angeklagte hatte vor Gericht ausgesagt, sie habe Ende 1996 nach mehreren Fehlgeburten aus Verzweiflung eine Frau kontaktiert und dafür bezahlt, ein Baby für sie zu finden. Das habe sie dann fünf Monate später in Empfang genommen. Im Kreuzverhör verstrickte sie sich allerdings in Widersprüche. Das Gericht wies ihre Darstellung nun zurück.

Wo lebt Zephany jetzt?

Über das weitere Schicksal von Zephany ist nichts bekannt. Einige Zeitungen berichteten, sie lebe weiterhin bei ihrem Ziehvater - der Ziehmutter wurde jeder Kontakt zu der 18-Jährigen untersagt. Andere wollen erfahren haben, dass die ganze Geschichte Zephany derart traumatisiert habe, dass sie die Schule verlassen habe und nun mit ihrem Freund zusammenlebe.

Ihr leiblicher Vater Morne Nurse sagte vergangene Woche, die Familie habe "noch ein wenig Kontakt" zu der 18-Jährigen. Näher wollte er sich nicht äußern - er und seine Frau sollen die Geschichte an Medien verkauft haben.