Wer dieser Tage am Abend dem zähen Hochnebel entkommt, sieht ein auffälliges Sternbild aufgehen: den „Orion“, der als das prächtigste Sternbild des Himmels gilt.
Die NASA scheut sich nicht, den Namen dieses Jägers aus der griechischen Mythologie zu verwenden. Anders als das technokratische „Space Shuttle“ soll das künftige Raumschiff „Orion“ eine stolze Tradition fortsetzen: Mit „Apollo“ (Gott des Lichtes) flogen Amerikaner vor 35 Jahren zum Mond. Und genau das soll künftig „Orion“ leisten.
Am 4. Dezember ist der erste Testflug von Cape Kennedy aus geplant. Diesmal wird der Flug unbemannt sein, aber der Transporter ist dennoch bepackt. Gegenstände aus der „Sesamstraße“ sowie Überreste eines Tyrannosaurus Rex sollen in der Kabine Platz nehmen, wo künftig bis zu sechs Astronauten sitzen sollen.


Zwar wird der Flug nur knapp fünf Stunden dauern; dennoch ist er bemerkenswert und wird Geschichte schreiben. „Orion“ will zweieinhalb Mal die Erde umrunden und dabei gut 5000 Kilometer ins All hinaus fliegen. Das ist viel weiter, als es das Space Shuttle jemals konnte. Geht alles glatt, wird „Orion“ etwa 1000 Kilometer westlich von Florida im Pazifik landen.

Vorbei mit Taxigebühren


Dann könnte auch der Zeitplan halten, den sich die NASA gesetzt hat: Bis 2017 wollen die Amerikaner wieder aus eigener Kraft den Weltraum erreichen können. Denn die mächtigste Nation ist derzeit im All zweitklassig: Seit dem Aus für die Shuttle-Flotte vor drei Jahren müssen die Amerikaner zähneknirschend den Russen 50 Millionen Euro teure Taxigebühren für deren Sojus-Raumschiffe zahlen, damit US-Astronauten zur Raumstation fliegen können. Kürzlich wurden die Firmen Boeing und SpaceX mit der Entwicklung eines Transporters beauftragt, der Astronauten zur ISS bringen soll.


Die Ingenieure erwarten sich viel von dem Orion-Testflug. Die Raumkapsel, die einen Durchmesser von fünf Metern hat, soll mit rund 32.000 Stundenkilometern in der Atmosphäre eintauchen und beim Abbremsen bis zu 2200 Grad heiß werden. Die Wasserung erfolgt – wie bei Apollo – an einem Fallschirm.


Aus der Apollo-Ära stammt auch die Idee eines Rettungsturms. Sollte etwa schiefgehen, wird die Kapsel von der eigentlichen Rakete abgesprengt und kann unabhängig landen. „Orion“ ist anders als die Shuttles nicht wiederverwendbar.


Hauptlieferant ist die Firma Lockheed Martin, rund 3000 Arbeitnehmer bauen an der Kapsel, in der vier Astronauten 21 Tage lang leben können. Dies reicht leicht für einen Besuch beim Mond leicht aus; Hin- und Rückreise dauern etwa fünf bis sieben Tage. Ein Versorgungsmodul wird übrigens die Europäische Weltraumagentur ESA liefern; konkret wird es von Airbus gebaut werden.

Private keine Alternative


„Orion“ ist das Ergebnis eines Schlingerkurses der USA in Sachen bemannte Weltraumfahrt. Nach großspurigen Ankündigzungen von George W. Bush, denen kaum finanzierte Taten folgten, setzte Barack Obama auf die private Raumfahrt.


Doch diese Rechnung ging nicht auf, im Gegenteil. Erst jetzt, im November, explodierte das private Raumschiff „SpaceShip Two“ des Milliardärs Richard Branson über der Mojave-Wüste bei einem Testflug. Nur kurz davor war die Trägerrakete Antares der Firma Orbital Science faktisch noch auf der Startrampe explodiert.

NORBERT SWOBODA