Auf den ersten Blick scheint es ein waghalsiges Unterfangen zu sein. Zu Hunderten versammeln sich die Kaiserpinguine auf einer Klippe in der Atka-Bucht in der Antarktis. Ein kurzer Blick ins tiefe, kalte Wasser und dann: der Sprung, 15 Meter weit.

Veränderte Lebenslage

Videos von National Geographics halten den Moment fest. Es gleicht einer Mutprobe, nur vorsichtig nähern sich die Tiere dem Abgrund. Keiner will der Erste sein, so scheint es. Dabei ist der Sprung ins Polarmeer kein Himmelfahrtskommando, sondern ein Kampf ums Überleben.

Denn normalerweise brüten Pinguine auf dem Meereis, das frei auf dem Wasser schwimmt, Jahr für Jahr schmilzt und sich neu bildet. Doch der Trend kehrt sich um. Seit einiger Zeit brüten einige Kolonien auf dem Schelfeis, das fest mit dem Land verbunden ist.

Eine vollständige Erklärung für den Pinguinsprung haben die Forscherinnen und Forscher noch nicht gefunden. Sie gehen aber davon aus, dass die Tiere versuchen, ihren Eltern zu folgen. Diese suchen im Meer nach Nahrung. Werden die Pinguinküken allein gelassen, wissen sie, dass sie sich nun selbst um ihr Überleben kümmern müssen. Also watscheln sie zur Klippe.

„Wenn sie an der Klippe ankommen, wissen sie: ‚Okay, das ist der Ozean, da muss ich jetzt irgendwie rein‘“, sagt Michelle LaRue, Umweltbiologin an der University of Canterbury in Christchurch. „Es sieht gefährlich aus, aber es muss sein.“

Springen oder verhungern

Der wissenschaftliche Physiologe Gerald Kooyman, emeritierter Professor am Forschungszentrum Scripps Institution of Oceanography in Kalifornien, beobachtet Kaiserpinguine seit mehr als fünf Jahrzehnten. Nur selten sah er die Tiere in die Tiefe stürzen.

„Schneeverwehungen hatten eine sanft abfallende Rampe vom Meereis zu einem gestrandeten Eisberg gebildet, über die eine Schar Küken auf den Berg marschierte“, beschreibt er seine Beobachtung in seinem Buch „Journeys with Emperors“. „Aufgehalten wurden sie von einer 20 Meter hohen Klippe über einem Meer, das teils offenes Wasser, teils mit Eisschollen gefüllt war.“ Innerhalb weniger Tage versammelten sich damals fast 2.000 Küken an der Stelle.

Der Vorgang war spektakulär. Schließlich begannen sie, sich von der Klippe zu stürzen“, schreibt Kooyman. „Sie sprangen nicht, sondern machten einfach einen Schritt vorwärts, purzelten hinunter und machten dabei manchmal bis zu zwei Überschläge, bevor sie mit einem lauten Platschen ins Wasser fielen.“