Nachdem sich der frühere Generalsekretär des Finanzministeriums, Thomas Schmid, letzte Woche im U-Ausschuss gar schweigsam zeigte, soll heute ähnlich wichtiges türkises Spitzenpersonal aus Innen- und Verteidigungsministerium sowie Kanzleramt Auskunft geben. Besonders im Fokus der Opposition steht dabei mutmaßliche Postenkorruption - und 270.000 Euro, die das Innenministerium zahlte, um einen einzigen Asylwerber zu einer freiwilligen Rückkehr nach Nigeria zu bewegen.

Die Neos munitionierten sich im Vorfeld mit parlamentarischen Anfragen auf: Allein im Innenministerium seien demnach in den letzten zehn Jahren 80 Leitungsfunktionen vom Abteilungsleiter aufwärts so stark in ihrer Zuständigkeit verändert worden, dass sie neu ausgeschrieben werden mussten – um dann mit ÖVP-Günstlingen besetzt zu werden, vermutet die Opposition. Zum Vergleich: Im Bundeskanzleramt wurden laut Anfragebeantwortungen 70, im Gesundheitsministerium 60 und im Finanzministerium 48 Chefposten umgebaut.

Der hohe Beamte im Kabinett

Beobachtet haben dürfte das Andreas Achatz. Der gelernte Polizist war seit 2012 im politischen Büro des Innenministeriums, belegte gleichzeitig stetig aufsteigende Funktionen innerhalb des Ministeriums und leitete später auch das Kabinett unter Karl Nehammer (ÖVP). Zuletzt leitete er das Kabinett von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und war seit Anfang 2022 auch Leiter der Sektion IV im Innenministerium.

"Warum passiert so etwas? Warum ist man gleichzeitig Beamter als auch zusätzlich im Kabinett?", will Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl wissen. Der Vorteil sei, dass man "die Nähe zur Basis nicht verliert", erklärt Achatz. "Leider" würde sich dadurch kein finanzieller Vorteil ergeben, da man nach der Stelle in der "Linie" – also als Beamter im Ministerium – bezahlt würde.

Für seine Überstunden im Kabinett sei er nicht bezahlt worden, sagt Achatz, der als Sektionschef zuletzt den höchstmöglichen Beamtenposten im Innenministerium hatte – bis er nach dem Abgang von Markus Gstöttner als Kabinettschef des nunmehrigen Kanzlers Nehammer im Oktober die Leitung des politischen Büros im Kanzleramt übernahm.

Tanz der Polizei

Als wichtiger Kabinettsmitarbeiter des Innenministeriums kommt Achatz auch in den sogenannten "Kloibmüller-Chats" vor. Die Nachricht "Gestern hast gut getanzt, vielleicht kann die Polizeivertretung nach deiner Melodie tanzen und mein (sic!) Schwager (...) nach St. Pölten versetzen" (sic!) hatte der damalige Finanzminister Hans Jörg Schelling etwa 2016 seinem Generalsekretär Thomas Schmid weitergeleitet. Dieser schickte den Wunsch an Kloibmüller weiter, der wiederum an Achatz delegierte.

Als Polizist habe er gelernt, Informationen mit unbekannter Herkunft nicht zu kommentieren, sagt Nehammers Kabinettschef sinngemäß, daher könne er den Chat nicht kommentieren. Da sie offenbar sechs Jahre alt sei, könne er sich auch selbst nicht mehr an die Konversation und ihre Folgen erinnern.

Ob er im Kabinett oder später als Chef des politischen Büros von Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) von Plänen gewusst habe, "die Koalition zu sprengen", fragt der grüne Abgeordnete David Stögmüller. "Dazu habe ich keine Erinnerung", antwortet Achatz, zunächst, später präzisiert er auf "keine Wahrnehmungen", er sei in derartiges "auch nicht involviert" gewesen.

Anliegen seien "auf unterschiedlichste Art und Weise" an das Kabinett und an ihn herangetragen worden, so Achatz. Etwa hätten sich "Lebenspartner oder Großeltern" wegen Dienstzuteilungen an das Kabinett gewandt. Diverse Anliegen seien aber auch über die Präsidentschaftskanzlei bzw. von Bürgermeistern oder anderen Fraktionen gekommen. Alle seien aber "unter dem gesetzlich vorgesehenen Prozedere" weitergeleitet worden, "auch weil die rechtlichen Rahmenbedingungen so sind, wie sie sind", betonte Achatz.

270.000 Euro für eine Rückkehr

Rund 770.000 Euro bewilligte das Innenministerium für ein Projekt, das die freiwillige Rückkehr von 30 nigerianischen Asylwerbenden nach Nigeria vorantreiben sollte, mehr als 300.000 Euro wurden für das Pilotprojekt auch bewilligt. Tatsächlich verabschiedete sich offenbar aber nur ein Asylwerber aus Österreich.

Nach Kritik der Fachabteilung wurden etwas mehr als 30.000 Euro zurückgefordert, 270.000 Euro flossen aber 2021 dennoch - und zwar an den Verein ICMPD, dessen Generaldirektor Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) ist, kritisiert SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer. Dass 30.000 Euro zurückgefordert und das Projekt nicht fortgesetzt wurde, zeige doch, dass das Ministerium richtig handle, findet Achatz. Ob ICMPD nach diesem Vorfall erneut beauftragt wurde, weiß der Ex-Kabinettschef des Innenministeriums nicht.

Aus dem Ministerium abgehoben

Nach Achatz wird mit Dieter Kandlhofer Kurz' Generalsekretär im Bundeskanzleramt und der spätere Generalsekretär des Verteidigungsministeriums befragt. Sein Abgang aus der Politik sorgte zuletzt für Aufregung, wechselte er doch direkt zu Lilihill. Das Unternehmen baut nun eine Großkaserne auf das Areal des Flughafens Klagenfurt.

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer will aber auch bei ihm vor allem zu Postenbesetzungen fragen. Kandlhofer rufe man in ein Ministerium, "damit er alles wegräumt, was nicht schwarz oder türkis ist", sagte der SPÖ-Abgeordnete im Vorfeld der Befragung. Der türkise Fraktionsführer Andreas Hanger freut sich hingegen darauf, die beiden türkisen Spitzenmänner dazu zu befragen, wie objektiv Bestellungen durchgeführt werden.