E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch spricht sich dafür aus, dass am Strommarkt wieder Normalität einkehrt. Auch wenn der Markteingriff in Form der Stromkostenbremse richtig war, so hatte er auch unerwünschte Effekte, sagte der Regulator am Mittwoch im Klub der Wirtschaftspublizisten. So hätte die Deckelung von 2900 Kilowattstunden auf 10 Cent dazu geführt, dass gesunkene Preise später an die Endkunden weitergegeben wurden.

Wichtig für die Zukunft sei ein Instrument, um Gesellschaftsgruppen identifizieren zu können, die Unterstützung benötigen, so Urbantschitsch. Weil so etwas gefehlt habe, habe man viele unterstützt, die den Zuschuss nicht benötigt hätten.

Stromkostenbremse läuft bis 30. Juni 2024

Die Stromkostenbremse läuft noch bis 30. Juni 2024. Auch beim Netzverlustentgelt und anderen Abgaben greift der Staat derzeit den Haushalten bei den Stromrechnungen unter die Arme. Wie es nach dem 30. Juni weitergehe, „diese Diskussion ist noch zu führen“, sagte Urbantschitsch. Eine Möglichkeit wäre, Anreize für einen Lieferantenwechsel zu setzen, um den Wettbewerb anzukurbeln. Derzeit seien neue Stromverträge für 17 bis 20 Cent netto zu bekommen, damit sei das Marktniveau noch deutlich über dem Deckel von 10 Cent. Eine Unterstützung bis zu 40 Cent sei jedenfalls nicht mehr nötig.

Regulierte Endkundenpreise

Urbantschitsch verteidigte die Strommarktliberalisierung auch grundsätzlich. Die freie Wahl des Stromanbieters und der Wettbewerb hätten über die letzten 20 Jahre kumuliert eine Ersparnis von 28 Mrd. Euro gebracht. „Was keine Lösung ist, sind regulierte Endkundenpreise“. Dass regulierte Preise nicht ideal seien, sehe man beispielsweise im Fernwärmesektor, wo Urbantschitsch eine große Intransparenz sieht.

Auch wie an den Strombörsen der Preis gebildet wird, die Merit-Order, verteidigte Urbantschitsch. Der Preisfindungsmechanismus führe nicht nur dazu, dass das teuerste Kraftwerk, das zur Deckung der Nachfrage benötigt wird, den Preis bestimmt, sondern auch, dass günstige, grüne Kraftwerke teure, fossile Kraftwerke aus dem Markt drängen und Strom somit günstiger werde.

Abhängigkeit von russischem Gas

Dass Österreich mehr als eineinhalb Jahre nach Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine mehr als die Hälfte seines Gasbedarfs aus Russland deckt, hat E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch am Mittwoch mit dem OMV-Vertrag mit Gazprom begründet, der 2018 im Beisein von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Russlands Präsidenten Wladimir Putin bis 2040 verlängert wurde. Auf die Frage, warum die OMV nicht auf norwegisches Gas umstelle, verwies Urbantschitsch auf diesen Vertrag.

Österreich war zu Kriegsbeginn im Februar 2022 zu 80 Prozent von russischem Gas abhängig, auch im September 2023 kamen wieder 80 Prozent aus Russland, wenn auch die russischen Importe mengenmäßig sanken. „Die Abhängigkeit ist insoweit geringer, als unsere Verwundbarkeit geringer ist, weil man eben umstellen kann auf andere Mengen, die halt aus Norwegen kommen über Deutschland“, sagte Urbantschitsch.

Genauen Vertragsinhalt kennt nur die OMV

Auf die Journalistenfrage, warum man das nicht mache, sagte der Energieregulator: „Weil die OMV den Vertrag (mit Gazprom, Anm.) hat“. Und: „Offensichtlich liefert der Vertragspartner (Gazprom, Anm.) und solange sie liefern und der Vertrag aufrecht ist, muss die OMV wahrscheinlich auch diesen Vertrag erfüllen.“ Die OMV habe einen Vertrag abgeschlossen, dass die OMV zahlen muss, wenn das Gas kommt, verwies Urbantschitsch auf jene „Take-or-Pay“-Klausel, die die OMV verpflichtet, das Gas zu bezahlen, ob sie es abnimmt oder nicht.

Den genauen Vertragsinhalt kenne nur die OMV, nicht aber Regierung und Regulierungsbehörde, und „die OMV spricht nicht über diesen Vertrag“, so Urbantschitsch.

Eine Umstellung von russischem auf norwegisches Gas wäre neben den Vertragsrisiken allerdings auch mit höheren Preisen verbunden, weil mit dem Verzicht auf russisches Gas eine Verknappung des Angebots einhergehe, gab der Vorstand der Energieregulierungsbehörde zu bedenken.

Verträge mit Landesenergieversorgern

Die OMV selbst beliefert in Österreich keine Endkunden mit Gas, hat aber Verträge mit Landesenergieversorgern. Der Marktanteil der OMV bei Gas liegt in Österreich in etwa bei 30 bis 40 Prozent.

Gegenüber 2022 habe sich die Versorgungslage mit Erdgas deutlich entspannt, sagte Urbantschitsch. Die Gaspreise seien wieder zurückgegangen und die Speicher derzeit so voll wie noch nie. Der Füllstand betrage 99,6 Prozent, das seien 97 Terawattstunden, mehr als Österreich in einem Jahr verbraucht.

Allerdings, gebannt sei die Gefahr noch nicht, so Urbantschitsch, es gebe nach wie vor Szenarien, bei denen Gas knapp werden könnte und auch Unsicherheiten, die die Preise wieder in die Höhe treiben würden. „Es kann immer was sein“, sagte er mit Blick auf die kürzlich zerstörte Pipeline Balticconnector zwischen Estland und Finnland. Auch die Durchleitung durch die Ukraine sei mit Unsicherheiten behaftet. Entsprechend wichtig sei der Ausbau der Pipeline-Infrastruktur, Stichwort West-Austria-Gasleitung (WAG), um mehr Gas aus Deutschland kommend importieren zu können.