Auftragseinbrüche, Energiepreise, steigende Lohnkosten. Die Industrie in Kärnten hat massiv zu kämpfen. Laut aktuellen Konjunkturzahlen sprechen fast ein Drittel der Betriebe von einer schlechten Auftragslage. Zudem sank die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs im internationalen Vergleich von Platz 11 im Jahr 2007 auf Platz 24. Dafür verantwortlich ist ein Mix aus Defiziten – angefangen von Energiepreisen über Lohnstückkosten bis hin zur Infrastruktur.

„Auf der einen Seite erwirtschaften Industriebetriebe eine hohe Wertschöpfung je Beschäftigtem, auf der anderen Seite sind sie aber von enormen Kostennachteilen betroffen“, warnt Michael Velmeden, Spartenobmann der Kärntner Industrie.

Michael Velmeden, Spartenobmann der Kärntner Industrie | Michael Velmeden, Spartenobmann der Kärntner Industrie
Michael Velmeden, Spartenobmann der Kärntner Industrie
| Michael Velmeden, Spartenobmann der Kärntner Industrie © Konstantin Kurasch

Beispielsweise würden sich hohe Abschlüsse bei den Kollektivvertragsverhandlungen negativ auswirken. „Die Realität ist: Wir können uns zu hohe KV-Abschlüsse nicht leisten.“ Bereits jetzt gehen Produktionskapazitäten zurück. Das wird sich langfristig auf die Zahl der Beschäftigten auswirken, obwohl alle Industriebetriebe versuchen ihre Mitarbeiter so lange wie möglich zu halten. 2024 ist keine Verbesserung in Sicht: „Deshalb muss jetzt auch von politischer Seite dagegen gesteuert werden“, sagt Velmeden. Er fordert, die erneuerbare Stromproduktion weiter voranzutreiben und Tempo beim Netzausbau zu machen. Unter Einbezug aller Energieträger müsse die Förderlandschaft überarbeitet, Infrastruktur und Versorgungssicherheit verbessert werden.

Auch für die essenzielle Verkehrsachse Tauernautobahn brauche es während der Sanierung der Tunnelketten praktikable Lösungen. „Nur wenn rechtzeitig Maßnahmen gesetzt werden, kann der Industriestandort Kärnten seine Stärke bewahren. Industriebetriebe haben bewiesen, dass sie durchaus krisenresistent sind und sich den Herausforderungen der Wirtschaft stellen“, resümiert Velmeden.

Die größte Arbeitgeberin in Kärnten

Die Industrie ist Kärntens wichtigster Wirtschaftszweig. Sie trägt, weit vor allen anderen Branchen, direkt 37 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei. Rechnet man die indirekt mit ihr zusammenhängenden Teile von anderen Wirtschaftszweigen dazu, dann steht sie sogar für 55 Prozent der Bruttowertschöpfung. Die Industrie ist zudem der wichtigste Wachstumsmotor und größte Arbeitgeberin in Kärnten.

Im engeren Sinne (Industrie plus Energie und Bau) beschäftigte die Industrie knapp 56.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Insgesamt finden in der Industrie und bei den industrienahen Dienstleistern 61.400 Personen eine Beschäftigung. Damit ist dieser Sektor für rund 45 Prozent der Gesamtbeschäftigung in Kärnten verantwortlich.

Die Kärntner Industrie ist hauptverantwortlich für den Exportüberschuss, den das Land erwirtschaftet. So exportierte Kärntens Wirtschaft vergangenes Jahr Waren im Wert von gut 9,4 Milliarden Euro und erzielte damit einen Außenhandelsbilanzüberschuss von 240 Millionen Euro. Wermutstropfen: Der Überschuss hat sich gegenüber dem Rekordjahr 2018 (1,1 Mrd. Euro) deutlich verringert, was u. a. an den hohen Rohstoffpreisen und teuren Energieimporten liegt.